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Das Land,
in dem ich war gibt es eine neue ostdeutsche Literatur?
Gespräch mit Katrin
Askan, Jenny
Erpenbeck, Jana
Hensel und Antje
Rávic Strubel; Moderation: Denis
Scheck
Katrin Askan, Jahrgang 1966, Jenny Erpenbeck, Jahrgang 1967,
Antje Rávic Strubel, Jahrgang 1974, und Jana Hensel, Jahrgang 1976,
sind alle in der DDR geboren und haben sich ungewöhnlich früh
literarisches Renommee erworben. Bei den diesjährigen Tagen der deutschsprachigen
Literatur in Klagenfurt wurde Jenny Erpenbeck mit dem Preis der Jury,
Antje Rávic Strubel mit dem Ernst-Willner-Preis und Katrin Askan
mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet.
Aus dem Schneider, Katrin Askans dritter Roman, und Offene
Blende, das Debüt von Antje Rávic Strubel, bedienen
sich beide raffinierter Erzählkonstruktionen, die weit in die Vergangenheit
ausgreifen und jeweils in einer Gegenwart enden, in der Fragen wie die
nach der biografischen Determiniertheit, der historischen Alternative
von Bleiben oder Gehen und dem Abraum der Vergangenheit virulent werden
und neue und andere Antworten finden als im Werk der älteren Autorengeneration.
Während Katrin Askan alle ihre bisherigen Bücher im Osten vor
und nach der Wiedervereinigung ansiedelt, hat Antje Rávic Strubel
für Offene Blende New York als Schauplatz gewählt
und für ihren im November erscheinenden Episodenroman Unter
Schnee einen Wintersportort in Tschechien. Dieser Blick von außen
auf das eigene Land, die eigene Vergangenheit, findet sich auch in Jenny
Erpenbecks erstem Buch Geschichte vom alten Kind. Erpenbeck
erzählt von einem unförmigen Mädchen, das völlig verlassen
von der Polizei aufgegriffen und in ein Kinderheim gesteckt wird. Das
Mädchen fügt sich gern in die Hackordnung dort, auch und gerade
weil es auf die unterste Rangstufe verwiesen wird. Erst am Ende erweist
sich, dass es sich bei dem Kind um eine Frau handelt, die bewusst vor
dem Verantwortungsdruck des Erwachsenenlebens in ein infantiles Stadium
regrediert. Viele Leser haben in dieser Verweigerungshaltung und dem Rückfall
in eine bewusste Entmündigung eine Parabel auf das Leben in der DDR
gesehen, die Kritik entdeckte in Erpenbecks Debüt eine mutige
Antwort auf eine spezielle, ostalgische Seelenlage. Nach dem Theaterstück
Katzen haben sieben Leben veröffentlicht die auch als
Opernregisseurin arbeitende Jenny Erpenbeck in diesem Herbst den Erzählungsband
Tand.
Katrin Askan, Jenny Erpenbeck und Antje Rávic Strubel diskutieren
mit der Literaturkritikerin Jana Hensel, die früher die Chefredakteurin
der Leipziger Literaturzeitschrift Edit war, dann zusammen
mit Thomas Hettche die Internet-Anthologie Null herausgab
und heute auch als Lektorin arbeitet, unter anderem über die Frage,
wie wirkmächtig das Erbe der DDR-Literatur im zweiten Jahrzehnt nach
dem Mauerfall ist und ob sich in ihren Texten eine spezifisch ostdeutsche
junge Literatur artikuliert.
Denis Scheck
Termin:
Sonntag, 26. August 2001, 18.00 Uhr, Schlossgarten
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K. Askan

J. Erpenbeck

J. Hensel

A. R. Strubel

Denis Scheck |