Hans Christoph Buch – „Blut im Schuh“

Lesung und Gespräch mit Wilfried F. Schoeller

Hans Christoph Buch hat als Schriftsteller vor allem anderen auf dem Vorrecht des Augenzeugen bestanden. Er hat sich nicht damit begnügt, den Zustand von Ländern der Dritten Welt in Theorien und in ideologischen Erörterungen zu fassen; er wollte dem Vorwissen durch Lokalkunde aufhelfen und sich dabei als Berichterstatter im Ungewissen aussetzen. Hans Christoph Buch, der eine haitianische Großmutter hat, erforschte in mehreren Büchern die Geschichte Haitis, betrieb eine Augenerkundung des Landes im nachkolonialen Zustand, suchte nach eigenen Wurzeln. Als Reporter ist er zugleich auch Erzähler und umgekehrt: er sucht die Zustände, die er vorfindet, in Geschichten zu fassen und will sich keinesfalls nur mit den Fakten oder dem abstrakten Zugriff der Begriffe behelfen. Daraus ergibt sich eine immer wieder spannende Geschichte der Brechungen und Spiegelungen.
So auch in seinen Reportagen und seinem Reporterroman „Kain und Abel in Afrika“: das Elend wird nicht mit vorschnellen Rezepten und Vorschlägen weggeredet, es entsteht auch im Erzähler als ein durchdringendes Gefühl der Scham und der Ratlosigkeit.
Der Dreißigjährige Krieg, zu dem ihn die Bürger- und Stammeskriege in Afrika als Vergleich herausfordern, hat die Ursachen und Auslöser der Konflikte schließlich aufgebraucht: nur noch ein blutiges Gemetzel blieb übrig. Sind unsere Erklärungsmuster, die sich auf den Imperialismus der Ersten Welt, auf die Ausbeutung der Dritten, auf den nachwirkenden Kolonialismus und die Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam in Afrika beziehen, schließlich auf den Gegensatz zwischen Weiß und Schwarz, nicht gänzlich verbraucht? Wo müssen wir ansetzen, um die gegenwärtigen Auseinandersetzungen, in denen sich die Rollen von Täter und Opfer jäh vertauschen können, verstehen zu können? Und wie können und wollen wir uns mit unserem zusehends globalisierten Bewusstsein überhaupt an den Ereignissen in Afrika, Asien und Lateinamerika beteiligen? Fragen über Fragen an einen deutschen Schriftsteller, der wie kaum ein anderer über die einheimischen Verhältnisse hinausblickt.
Wilfried F. Schoeller

Termin:
Sa, 25. August 2001, 15.00 Uhr, Schlossgarten

  Hans Christoph Buch
H.C. Buch


Wilfried F. Schoeller
W.F. Schoeller

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