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Geboren 1944 in Wetzlar als Sohn eines Botschafters, aufgewachsen in
Wiesbaden, Bonn und Marseille. Lebt heute in Berlin, ist zeit seines bisherigen
schriftstellerischen Lebens ebenso als Romancier und Erzähler, wie
als Essayist und Reporter hervorgetreten. Als neues Erzähltalent
fiel der 19-Jährige erstmals bei einer Tagung der Gruppe 47 auf mit
seiner Geschichtensammlung Unerhörte Begebenheiten. Weitere
wichtige literarische Stationen waren die politischen Satiren aus den
Jahren 1971-75 unter dem doppeldeutigen Titel Aus der neuen Welt,
die Nachrichten und Geschichten aus einem Amerika berichteten. Sein vielbeachteter
Roman Die Hochzeit von Port-au-Prince erschien 1984. Buch
mischte darin, auf unterhaltsame Weise der postmodernen Ästhetik
des anything goes folgend, mit vielfachen literarischen Zitaten
und Anspielungen Fakten und Fiktion, Realität und Fantasie. Buch
hatte viele Gastprofessuren in Deutschland und im Ausland, an den Universitäten
Bremen, San Diego, Essen, New York, Austin, Frankfurt, Taos, Hongkong
und Buenos Aires. Er war Mitglied des VS und von 1983 bis zu seinem Austritt
1986 dessen Vorsitzender. Er ist Mitglied des PEN. Politisch ging sein
Weg vom Verfechter einer undogmatischen marxistischen Ästhetik bis
zum Theoretiker der antitotalitären Dissidenz und Verteidiger
der parlamentarischen Demokratie. Bis heute hat sich Buch diese undogmatische
Position, die ihn vor manchen Fehleinschätzungen und Irrtümern
bewahrt hat, erhalten.
Mitte der neunziger Jahre fuhr Buch nach Ruanda und Burundi, um für
die Zeit von den Schauplätzen der Kriege zwischen Hutu
und Tutsi zu berichten. Seine eindrucksvollen Reportagen fanden große
Aufmerksamkeit, obwohl oder gerade weil die Bilder von blutigen Massakern,
hungernden Menschen, vom Flüchtlingselend an der Grenze der Fassbarkeit
im Fernsehen parat waren. Der viel subjektivere Blickwinkel des Reporters,
die durchs Wort vertiefte Information, das größere Panorama
dieser Berichte haben ein eigenes Forum geschaffen.
Seitdem ist mehr als ein halbes Jahrzehnt vergangen, aber Buch hat sich
von den scharf umrissenen Gedächtnisbildern nicht lösen können.
Vielleicht nur aus dem geheimen Wunsch, eine größere Verfügungsmacht
über diesen grausigen Vorrat an Eindrücken gewinnen zu können,
hat er über den gleichen Stoff einen Roman geschrieben, der im Frühjahr
dieses Jahres erschien. Mit Kain und Abel in Afrika fällt
der Erzähler dem Reporter nachträglich ins Wort oder besser:
Der Schriftsteller erzählt den Roman des berichtenden Augenzeugen.
Kain und Abel sind bei allen afrikanischen Stammeskriegen und ethnischen
Konflikten austauschbare Rollen. Für welche Gruppe könnte man
Partei ergreifen, wenn die Opfer auch die Mörder sein können?
In welche bizarren und unfasslichen Abenteuer wird die Wahrnehmung des
Besuchers verstrickt? Wo verlaufen die Grenzen dessen, was man wahrnehmen
möchte? Welche Bewusstseinssplitter bringt der weiße Passant
aus Europa mit? Am Schluss des Buches ist das Unwissen größer
und schärfer als am Anfang. Hans Christoph Buch sagt: Das Eingeständnis
dieser Ratlosigkeit ist ein Teil der Geschichte, die ich zu erzählen
habe. Historische Tiefe erhält dieser Roman durch eine zweite
Geschichte: die des Richard Kandt, des deutschen Reisenden, der Ende des
19. Jahrhunderts das Gebiet, das damals in Deutsch-Ostafrika lag und dann
belgische Kolonie war, erforscht hat. Seine Geschichte enthält eine
Flucht: vor dem Antisemitismus in seiner Heimat, und einen Ausbruch: er
stellt sich dem Zusammenhang, der sich zwischen Lust und Angst einstellt,
er bekennt sich zu seiner Homosexualität. Diese historisch verbürgte
Figur ist in diesem Roman die einzige, die mit Fug und Recht ich
sagen kann. W.F. S.
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Veröffentlichungen (Auswahl):
Unerhörte Begebenheiten, Geschichten, Suhrkamp,
Frankfurt a.M. 1966; Taschenbuch, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1991
Das große Abenteuer, Roman, Hanser, München/Berlin
1970
Kritische Wälder, Essays, Kritiken, Glossen, Rowohlt,
Reinbek 1972
Parteilichkeit der Literatur oder Parteiliteratur?,
Hrsg., Rowohlt, Reinbek 1972
Lu Hsün. Der Einsturz der Lei-feng-Pagode. Essays über
Literatur und Revolution in China, hrsg. und übers. mit Wong
May, Rowohlt, Reinbek 1973
Literaturmagazin I. Für eine neue Literatur gegen
den spätbürgerlichen Literaturbetrieb, Hrsg., Rowohlt,
Reinbek 1973
Aus der Neuen Welt. Nachrichten und Geschichten, Wagenbach,
Berlin 1975
Die Scheidung von San Domingo. Wie die Negersklaven von Haiti
Robespierre beim Wort nahmen, Historische Dokumentation, Wagenbach,
Berlin 1976
Das Hervortreten des Ichs aus den Wörtern. Aufsätze
zur Literatur, Essays, Hanser, München 1978
Tatanka Yotanka oder Was geschah wirklich in Wounded Knee?
Mutmaßungen über ein Massaker, Zusammenstellung, Kommentar
und Übersetzung, Wagenbach, Berlin 1979
Vaterland, Muttersprache. Deutsche Schriftsteller und ihr
Staat seit 1945, Hrsg. mit Michael Krüger und Klaus Wagenbach,
Wagenbach, Berlin 1979
Bericht aus dem Inneren der Unruhe: Gorlebener Tagebuch,
März bei Zweitausendeins, Frankfurt a.M. 1979; Taschenbuch, Rowohlt,
Reinbek 1984
Zumwalds Beschwerden. Eine schmutzige Geschichte, Hanser,
München 1980
Jammerschoner. Sieben Nacherzählungen, Suhrkamp,
Frankfurt a.M. 1982
Die Hochzeit von Port-au-Prince, Roman, Suhrkamp, Frankfurt
a.M. 1984; Taschenbuch ebd. 1986
Karibische Kaltluft. Berichte und Reportagen, Suhrkamp,
Frankfurt a.M. 1985
Der Herbst des großen Kommunikators. Amerikanisches
Journal, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1986
Auf den Antillen: Spuren kolonialer Architektur, Heyne,
München 1986
Waldspaziergang: Unpolitische Betrachtungen zu Literatur
und Politik, Essays, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1987
Neue Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen, Geschichten,
Pfaffenweiler Presse, 1988
Haïti Chérie, Roman, Suhrkamp, Frankfurt
a.M. 1990, Taschenbuch ebd.1992
Die Nähe und die Ferne. Bausteine zu einer Politik des
kolonialen Blicks. Poetikvorlesung, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1991
Rede des toten Kolumbus am Tage des Jüngsten Gerichts,
Roman, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1992
Tropische Früchte. Afro-amerikanische Impressionen,
Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1993
Der Burgwart der Wartburg. Eine deutsche Geschichte,
Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1994
An alle! Reden, Essays und Briefe zur Lage der Nation,
Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1994
Die neue Weltunordnung. Bosnien, Burundi, Haiti, Kuba, Liberia,
Ruanda, Tschetschenien, Reportagen, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1996
Übung mit Meistern. Begegnungen und Gespräche,
Aufbau, Berlin 1996
Traum am frühen Morgen, Erzählungen, Volk
und Welt, Berlin 1996
In Kafkas Schloß. Eine Münchhausiade, Volk
und Welt, Berlin 1998
Kain und Abel in Afrika, Roman, Volk und Welt, Berlin,
Frühjahr 2001
Blut im Schuh. Schlächter und Voyeure an den Fronten
des Weltbürgerkrieges, Eichborn, Frankfurt a.M., Dezember 2001
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