Ausstellungen


   

Meister der tschechischen Fotografie – Václav Chochola
edition sand – Sven Märkisch und Nancy Jahns
L'Infinito – Das Unendliche
Buchkinder Leipzig
Marjane Satrapi – Persepolis

   

Meister der tschechischen Fotografie – Václav Chochola
Fotografien 1941–1999

Europa wächst wieder zusammen. Zu den neuen EU-Ländern gehört auch Tschechien. Jetzt gilt es, Entdeckungen gerade auch im Bereich der Kunst und Fotografie zu machen.
Der Blick auf die tschechische Kunst und insbesondere die vielen Verflechtungen mit Deutschland riss in den dreißiger Jahren weitgehend ab. Nur einzelne Namen konnten noch zu Begriffen werden. Eine ganze Generation blieb im Schatten. Unter ihnen Meister der Fotografie wie der 1923 geborene Václav Chochola, der 81-jährig heute in Prag lebt, und dessen Arbeit sich mit den bekannten europäisch-amerikanischen Foto-Klassikern messen kann.
Die Städtische Galerie Erlangen stellt sein Werk in einer großen Retrospektive jetzt erstmals in Deutschland vor. Der umfassende Rückblick präsentiert den Prager Fotografen nicht nur als Meister des Porträts, der Berühmtheiten seiner Zeit wie Pier Paolo Pasolini, Jean Louis Barrault oder Daniel Henri Kahnweiler – seine Dalí-Porträts waren bereits im Frühjahr diesen Jahres in der Dalí-Ausstellung zu sehen – ablichtete, sondern auch als sensiblen Beobachter seiner Stadt und seines Landes. Seine teilweise surreal anmutenden Aufnahmen sind voller Melancholie und Humor. Zugleich ist er ein unbestechlicher Bildberichterstatter. Zu seinen zentralen Themen dabei zählen der Sport und die Pferde, aber auch die Zeitgeschichte und die Politik, wie Tschechiens Befreiung durch die Sowjets 1945, ein Nordvietnam, wie es in keiner Weise der kommunistischen „political correctness“ der frühen sechziger Jahre entsprach, das Theater, Kunst, Kultur und die Welt der Schriftsteller und Literaten. Václav Chochola gibt Einblicke in eine Zeit und in ein Land, wie wir sie so nicht kennen. (L. P.)

Am Freitag, 27. August, 18 Uhr, findet eine Einführung in Václav Chocholas Werk und seine Zeit im Rahmen des 24. Erlanger Poetenfestes statt.

22. August – 3. Oktober 2004
Städtische Galerie Erlangen
Di–Fr 10–18 Uhr, Sa/So 10–17 Uhr
Führungen: sonntags, 15 Uhr

 
    edition sand – Sven Märkisch und Nancy Jahns
Bücher und Bilder

Die „edition sand“ aus Halle wurde im Jahr 2000 gegründet. Die jungen Künstler Sven Märkisch und Nancy Jahns, beide Absolventen der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle, haben eine Vielzahl von kleinen autonomen Kunstwerken in Buchform geschaffen. Sie präsentieren ein breites Spektrum zeitgenössischer Buchkunst, das über die reine Illustration weit hinausreicht. Denn neben den spezifischen Bild-Text-Einheiten, beispielsweise zu Texten von Ovid und Seneca, von James Joyce, Oscar Wilde, Arthur Rimbaud und Siegfried Lenz, oder auch zu Kurzprosa von Robert Walser und Lyrik von Dylan Thomas, werden auch Künstlerbücher und Objekte geschaffen, die integraler Bestandteil eines weiterreichenden künstlerischen Konzeptes sind. So stehen dann erzählerische Bildgestaltungen neben nicht-narrativen. Und wie selbstverständlich erscheint es, dass neben der traditionellen Kodexform auch immer wieder Sonderformen geschaffen werden.
Mit ganz unterschiedlichen Gestaltungsmitteln, wie Schrift, Zeichnung und klassischen grafischen Techniken, hier vor allem Holz- und Linolschnitt, sowie mit Fotografie haben sich die Künstler dem Medium Buch genähert und es mit fantasievollen und inspirierenden Elementen in Kleinstauflagen umgesetzt. Hier kommen dann sowohl tradierte als auch neue Satz- und Drucktechniken zum Einsatz: Der Handsatz steht gleichberechtigt neben dem Computersatz, der Pressendruck neben dem Offsetdruck. Aber immer sind die Arbeiten gekennzeichnet durch große Präzision sowohl bei der Gestaltung als auch bei der Ausführung.
Obwohl die „edition sand“ noch nicht sehr lange existiert, sind bereits viele Arbeiten in öffentlichen Sammlungen und Bibliotheken vertreten. (M. S.-K.)

27. August – 2. Oktober 2004
Galerie Kunstraum Sutter-Kress
Vernissage: Fr, 27.8., 19 Uhr
Sa, 28.8., 11-15 und 19-23 Uhr, So, 29.8., 11-17 Uhr
Mi–Fr 11–19 Uhr; Sa 11–15 Uhr

 
   

L'Infinito – Das Unendliche
Bilder und Gedichte zeitgenössischer Künstler zu Giacomo Leopardi

Die Städtische Galerie präsentiert zum 24. Erlanger Poetenfest in der Orangerie im Schlossgarten die Ausstellung „L’Infinito – Das Unendliche“. Der Titel bezieht sich auf ein Gedicht des Italieners Giacomo Leopardi (1798–1837), das zu den am häufigsten übersetzten Gedichten der Weltliteratur zählt. Gezeigt werden das Mappenwerk „Iconografia Leopardiana“ sowie Radierungen zu Leopardis Werk „Der Froschmäusekrieg und seine Folgen ...“.
Die „Iconografia Leopardiana“ ist eine vielstimmige Paraphrase auf Leopardis vollkommenes Gedicht. Vereint sind Bilder und Gedichte zeitgenössischer Dichter und bildender Künstler. Darunter Alfred Andersch, Wolf Biermann, Hans Magnus Enzensberger, Durs Grünbein, Felix Philipp Ingold, norbert konrad kaser, Thomas Kling, Christoph Meckel, Oskar Pastior, Peter Rosei, Raoul Schrott und Peter Waterhouse. Daneben die bildenden Künstler Dieter Goltzsche, Michael Donhauser, Sabina Grzimek, Horst Hussel, Walter Libuda, Frank Siewert, Walter Stöhrer, Strawalde, Max Uhlig, Claus Weidensdorfer und Rolf Winnewisser.
Die Lyriker waren vom Herausgeber Adrian La Salvia eingeladen worden, Leopardis Gedicht vor dem Hintergrund ihrer eigenen Poetik „so frei wie möglich und so wörtlich wie nötig“ neu zu übersetzen. Parallel dazu sollten die bildenden Künstler je eine Radierung mit einem imaginierten Porträt von Leopardi liefern. Der so entstandene Sonettenkranz ist auch eine Reflexion auf das Übersetzen. In der vergleichenden Betrachtung der Bilder und Gedichte erschießt sich ein überraschender Reichtum. Der gleiche Text liest sich immer wieder neu. Für die Liebhaber der Sprache und der Dichtung kann dies spannender als ein Krimi sein.
Leopardi schrieb „L'Infinito“ 1819 mit 21 Jahren. „Der Froschmäusekrieg und seine Folgen: Der Krieg der Krebse und der Mäuse“ („Paralipomeni alla Batracomiomachia“) ist dagegen kurz vor seinem Tod 1837 entstanden. Der Mecklenburger Zeichner und Radierer Joachim John schuf dazu eine Reihe von Kaltnadelradierungen, die hier in einer mit Aquarell überarbeiteten Fassung gezeigt werden. Sie lassen den sprühenden Witz dieser Dichtung lebendig werden. Zu dem „Dichter des Kosmischen“ von „L'Infinito“ gesellt sich in den „Paralipomeni“ der Satiriker, der mit leidendem Humor das verkehrte Wesen der Welt verspottet. Dabei hat der Dichter des philosophischen Pessimismus in Wolf Biermann einen Verwandten im Geist gefunden. Denn der schreibt in seiner Einleitung zur „Iconografia Leopardiana“: „Leopardis weltschmerzliche Krankheit zum Tode zieht mich nicht runter. Auch ich habe ja längst durchschaut, dass die Sehnsucht nach dem Totsein nichts anderes ist als die spiegelverkehrte Sehnsucht nach einem lebendigeren Leben.“ (L. P.)

28. und 29. August 2004
Orangerie im Schlossgarten
Sa, 28.8., 13-19, So, 29.8., 11-19 Uhr

 
   

Mein Kopf ist auch ’ne Schule – Buchkinder Leipzig

Das Projekt „Buchkinder“, das Kindern die Möglichkeit verschafft, selbst zu schreiben, zu illustrieren, zu drucken und zu binden, nahm im April 2001 in Leipzig mit sieben Kindern seinen Anfang. Im Dezember des gleichen Jahres folgte die Gründung des „Freundeskreises Buchkinder e.V.“. Heute arbeiten in sieben Außenstellen 75 Kinder im Alter zwischen 3 und 17 Jahren an ihren eigenen Werken. Die handgebundenen und in kleiner Auflage erscheinenden Bücher überraschen durch ihre eigenwilligen und teilweise aberwitzigen Text- und Bildideen. Dass sie den jungen Schriftstellern ganz nebenbei durch den Stolz auf das eigene Buch Selbstvertrauen vermitteln und ihre Persönlichkeitsentwicklung fördern – eines der erklärten Ziele des Freundeskreises Buchkinder e.V. – tritt vor der Vielfalt der Bücher fast in den Hintergrund.
Im Rahmen der Ausstellung wird eine Auswahl ihrer Werke zu sehen sein – doch nicht nur zum Anschauen: als Anstoß für eigene Experimente kommen auch einige der Autoren und Autorinnen mit Rulo Lange, dem Leiter der Buchkinder, am Samstag und Sonntag in den Schlossgarten, nicht nur um aus ihren eigenen Büchern vorzutragen, sondern auch, um zusammen mit Erlanger Kindern zu schreiben, zu illustrieren und zu drucken. (Siehe auch Veranstaltung im Schlossgarten.) Im Herbst sind in der Stadtbücherei Erlangen weitere Aktionen dazu geplant.

Eine Kooperation der Stadtbücherei Erlangen und dem Erlanger Poetenfest.
Gefördert von der Firma Siemens.

28.8.–25.9., Stadtbücherei Erlangen
Sa/So, 28./29.8., 10–19 Uhr, danach Mo, Di, Do, Fr 10-18.30 Uhr, Sa 9-12 Uhr

 
   

Marjane Satrapi – Persepolis

Persepolis – 518 vor Christus gegründet, später zerstörte Residenz der Archämeniden, von den Griechen als die „Stadt der Perser“ bezeichnet. Marjane Satrapi greift im Titel ihres autobiografischen Comics eine Tradition des iranischen Exils auf, indem sie an die Glanzzeiten Persiens und dessen Untergang erinnert. Doch „Persepolis“ ist ein durch und durch privater Comic, der konsequent den Blickwinkel eines kleinen Mädchen einnimmt und seiner Protagonistin um keinen Erkenntnisschritt voraus ist. Marjane Satrapi hat die Geschichte ihrer eigenen Kindheit im Iran erzählt: Marji, so heißt das Mädchen, in Teheran Ende der 70er Jahre. Sie geht in die Schule wie alle anderen, kleidet sich normal und führt dennoch kein normales Leben. Während ihre Eltern in den Straßen Teherans gegen den Schah demonstrieren, spielt sie mit ihren Freunden im Garten Revolution. Als diese 1979 tatsächlich stattfindet, und der Gottesstaat errichtet wird, werden alle Hoffnungen schnell zunichte gemacht. Plötzlich verschwinden Verwandte und Bekannte, Marji muss auf einmal ein Kopftuch tragen. Immer wieder fragt sie warum. Schließlich ist sie zu einem Teenager herangewachsen. Mit 14 Jahren wird sie von den Eltern nach Österreich geschickt, um bei ihrer Tante zu leben. Hier endet die deutsche Ausgabe, die bei der Edition Moderne im März erschienen ist, und die die ersten beiden Bände der französischen Vorlage beinhaltet, von der mittlerweile vier Bände veröffentlicht sind.
Marjane Satrapi lebt seit einigen Jahren in Paris, „Persepolis“ wurde in 6 Sprachen übersetzt und allein in Frankreich fast 300.000 mal verkauft. Die Auszeichnung mit dem Max und Moritz-Preis beim 11. Internationalen Comic-Salon Erlangen 2004 in der Kategorie „Beste deutschsprachige Comic-Publikation/Import“ macht deutlich, wie groß das Bedürfnis nach politisch brisanten und zeitgeschichtlichen Themen im Comic ist.
Die Zeichnungen aus „Persepolis“ verdanken ihre Expressivität dem bedrohlichen Schwarzweißkontrast, Schraffuren und feinere Strukturen haben bei Marjane Satrapi keinen Platz. Sie sind statisch, beinahe ungelenk, geschult am Werk von Zeichnern wie David B. oder J. C. Menu, die vor zehn Jahren den „Association“-Stil begründet haben. Durch die grafische Beschränkung stellt Satrapi allein das Erzählen in den Vordergrund. Es gibt keine größere Meisterschaft im Comic als das – und nichts, was schwieriger wäre. Ihr Blick zurück ist von entwaffnender Klarheit und voller Humor. Aber das Wichtigste ist für Satrapi, dass Menschen verstehen, dass alle gleich sind – egal aus welchem Land sie stammen. „Ich denke, dass die Sprache des Comics universal und international ist. Die Gefühle werden von allen verstanden, egal aus welcher Kultur man stammt. Ein lachender oder weinender Mensch bedeutet schließlich überall dasselbe.“
Eine Ausstellung des Literaturhauses Stuttgart.

27. – 29. August 2004
media.art.zentrum
Fr, 27.8., 11-20 Uhr, Sa/So, 28./29.8. 10-19 Uhr