Irina Liebmann


   

Geboren am 23. Juli 1943 in Moskau als Tochter des renommierten Historikers und kommunistischen Emigranten Rudolf Herrnstadt. Umzug in die sowjetisch besetzte Zone 1945; nach dem Abitur in Halle im Jahr 1961 Studium in Leipzig, Diplom in Sinologie, seit 1975 in Ostberlin, Umzug nach Westberlin 1988. Lebt in Berlin.
Am Beginn ihrer literarischen Laufbahn standen Hörspiele und Theaterstücke. Ihre erste Prosaveröffentlichung erschien 1982 in Halle: „Berliner Mietshaus“. Darin geht die Autorin dem Alltag der Bewohner in einem fünfstöckigen Mietshaus im Ostberliner Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg nach und liefert einfühlsame, subjektiv gefärbte Stimmungsbilder, die von der Kritik, als das Buch 1990 im vereinigten Deutschland wieder aufgelegt wurde, übereinstimmend gewürdigt wurden. „Unter dem behutsam gestalteten Zugriff der Autorin verdichtet sich erzähltes Leben zu literarischer Form“, schrieb Die Zeit.
Einem größeren Leserkreis bekannt wurde Irina Liebmann 1987, nachdem sie das Prosastück „Hast du die Nacht genutzt?“ aus ihrem später mit dem Aspekte-Preis des ZDF gekürten Band „Mitten im Krieg“ vorlas. Die Autorin verwendet in den neun Prosastücken Collage und Skizze, reiht assoziativ Reisebilder, Stadtlandschaften und Monologe aneinander, die als Sinnbilder für das Eingeschlossensein stehen. Es sind unaufdringliche Porträts von Menschen, deren Alltagserfahrungen bezeichnend sind für die seelische Landschaft eines zerbröckelnden Systems. 1994 erschien ihr erster Roman „In Berlin“, der nach eigenem Bekunden „kein Ostbuch und kein Westbuch“ ist, sondern „der Versuch, die Dinge wieder zusammenzubringen“. Das Leben der Protagonistin mit dem Namen Liebermann ist geprägt von einem Hin- und Hergerissensein zwischen einer tristen Stagnation des DDR-Alltags und dem Wunsch, auszubrechen und einen Neuanfang zu probieren.
Nach verschiedenen Prosabüchern (u.a. „Letzten Sommer in Deutschland“) erscheint in diesem Sommer Irina Liebmanns neuer Roman „Die freien Frauen“ im Berlin Verlag. „Kein Frauenbuch“, bekennt die Autorin. Zurecht. Es handelt sich bei diesem Roman vielmehr um eine Geschichte, die in der Tradition romantisch-fantastischer Literatur eines E.T.A. Hoffmann steht. Märchenhaftes, Unheimliches, geradezu Gespensterhaftes verbindet die Autorin zu einem Erzählstoff, der zum spannendsten gehört, was deutsche Romane in diesem Sommer bieten können. Beim Erlanger Poetenfest liest Irina Liebmann zum ersten Mal daraus vor. (H.St.)
Auszeichnungen u.a.: Hörspielpreis der DDR (1980), Ernst-Willner-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb Klagenfurt (1987), Aspekte-Literaturpreis (1989), Förderpreis zum Bremer Literaturpreis (1990), Stipendium der Preußischen Seehandlung (1991), Schillerpreis der Deutschen Schillerstiftung (1995), Berliner Literaturpreis (1998), Gastdozentin am Oberlin College im US-Bundesstaat Ohio (2001).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Berliner Mietshaus“, Roman, Mitteldeutscher Verlag, Halle 1982, Berliner Taschenbuch Verlag, 2002
– „Ich bin ein komischer Vogel“, Kinderbuch, Altberliner Verlag, 1986
– „Mitten im Krieg“, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a.M. 1989
– „Quatschfresser“, Theaterstücke, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a.M. 1990
– „Die sieben Fräulein“, Berlin 1990
– „In Berlin“, Roman, Kiepenheuer & Witsch, Köln 1994, Berliner Taschenbuch Verlag, 2002
– „Der Weg zum Bahnhof“, Heilbronn 1994
– „Wo Gras wuchs bis zu Tischen hoch. Ein Spaziergang im Scheunenviertel“, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1995
– „Letzten Sommer in Deutschland. Eine romantische Reise“, Erzählung, Kiepenheuer & Witsch, Köln 1997, Berliner Taschenbuch Verlag, Februar 2005
– „Stille Mitte von Berlin. Eine Recherche rund um den Hackeschen Markt“, Essay, Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2002
– „Die freien Frauen“, Roman, Berlin Verlag, August 2004

Sa, 28.8., 14.30 Uhr, Schlossgarten