Er hat Volkswirtschaft
studiert und dann eine glanzvolle Reporterkarriere bei der Zeit und beim
Spiegel gemacht. Beides, Journalismus und Wirtschaft, haben den 1962 geborenen
Autor Dirk Kurbjuweit bis heute nicht mehr losgelassen. Mit der Dominanz
der McKinsey-Ideologie beschäftigte er sich im Sachbuch „Unser
effizientes Leben“ (2003), mit den blutigen Entwicklungen in Ex-Jugoslawien
im Roman „Schussangst“ von 1998. Doch Kurbjuweit hat auch
andere Seiten. Seit seinem Debütroman „Die Einsamkeit der Krokodile“,
der in seiner Verfilmung den Bayerischen Filmpreis erhielt, beschäftigt
er sich mit den Verstörungen von Heranwachsenden. Die Novelle „Zweier
ohne“ (2001) schildert Entstehen und Vergehen einer Jugendfreundschaft
auf „ästhetisch eindringliche Weise“, wie die Neue Zürcher
Zeitung lobt. „Schon lange ist erwachende Sexualität in der
deutschsprachigen Literatur nicht mehr mit solch feinfühliger Verhaltenheit
und Intensität in Szene gesetzt worden.“
In „Nachbeben“, dem neuen Roman Kurbjuweits, sind die handelnden
Personen allesamt über ihre Pubertät hinaus, doch keineswegs
unempfindlich für seelische Erschütterungen. Im Mittelpunkt
stehen der 82-jährige Geologe Luis und sein heimlicher Sohn Lorenz,
der in den Umbruchzeiten von D-Mark zu Euro eine Karriere bei der Bundesbank
macht. Der seltsam archaischen Situation auf einer hessischen Wetterstation
steht das Glitzerleben der Hochfinanz gegenüber. Zwei Welten, die
sich kaum vereinen lassen. Erst eine Abfolge kleiner Katastrophen, die
in eine große mündet, schafft klare Verhältnisse in einem
Gestrüpp aus Abhängigkeiten, Lebenslügen und falschen Selbsteinschätzungen.
Spannend wie ein Krimi, ist „Nachbeben“ eine Mehr-Generationen-Geschichte
mit sensibler Innenschau.
Dirk Kurbjuweit studierte in Köln Volkswirtschaft und besuchte die
Kölner Journalistenschule. Von 1990 bis 1999 war er Redakteur bei
der Zeit, seit 1999 arbeitet er beim Spiegel, seit Herbst 2002 ist er
dort stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros in Berlin. (F.F.W.)
Auszeichnungen u.a.: Egon-Erwin-Kisch-Preis für die beste Reportage
(1998 und 2002), „Goldene Muschel“ des Internationalen Filmfestivals
von San Sebastián für die deutsche Verfilmung von „Schussangst“
(2003), Nominierung für den Egon-Erwin-Kisch-Preis (2004).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Die Einsamkeit der Krokodile“, Roman, S. Fischer,
Frankfurt a.M. 1995
– „Schussangst“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a.M. 1998,
Taschenbuch ebd. 2001
– „Zweier ohne“, Novelle, Nagel & Kimche, Zürich
2001, Taschenbuch Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003
– „Unser effizientes Leben. Die Diktatur der Ökonomie
und ihre Folgen“, Rowohlt, Reinbek 2003
– „Nachbeben“, Roman, Nagel & Kimche, Zürich,
August 2004
Verfilmungen (Auswahl):
– „Die Einsamkeit der Krokodile“, Regie: Jobst Oetzmann,
D 2000
– „Schussangst“, Regie: Dito Tsintsadze, Drehbuch zus.
mit Dito Tsintsadze, D 2003
– „Zweier ohne“, Regie: Jobst Oetzmann, in Produktion
So, 29.8., 14.30 Uhr, Schlossgarten
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