Jan Koneffke


   

Jan Koneffke wurde 1960 in Darmstadt geboren, studierte Philosophie und Germanistik in Berlin, begann zu schreiben, zuerst die Erzählung „Vor der Premiere“, dann den Roman „Bergers Fall“, schrieb Gedichte und ein Kinderbuch, bekam 1995 ein Villa-Massimo-Stipendium und blieb mehrere Jahre in Rom. Jetzt lebt er in Wien und Bukarest. Rom ist im neuen Roman „Eine Liebe am Tiber“ alles in einem, bunte, laute Kulisse, herrliches Ambiente, Schicksalskreuzung. Im Oktober 1968 kommt eine Frau mit Sohn und Tochter am Bahnhof Termini an. Die Frau ist vergesslich, unpraktisch, eine totale Katastrophe, ein Luxusgeschöpf, obwohl von Luxus nicht die Rede ist. Denn der Mann, der seine Familie in Empfang nimmt, hat eine Stelle als Lehrer an der Deutschen Schule in Rom, er ist viel älter als seine Frau, nennt sie „Feelein“, verzeiht ihr alles, nimmt sie aber kaum zur Kenntnis. Rom ist in Koneffkes Buch die alte Stadt, an die wir uns aus den großen Fellini-Filmen erinnern. Arm, laut und voller Ganoven. Hier beobachtet Sebastian, Lisas älterer Bruder, das ungewohnte Leben, das seine konfusen Eltern aus der Bahn zu heben droht. Denn der Vater ist so naiv wie die Mutter, er merkt nicht, was um ihn herum passiert, kapiert nicht, wie gefährlich das Gerücht seiner angeblichen Heldentat als Mussolinibefreier ist. Ludwig Wieland ist ein Fantast, er dichtet, sammelt antike Scherben und gerät, verführt vom Sammlertrieb, in einen obskuren Kreis aus Hehlern und Stehlern.
Jan Koneffke erzählt eine typisch römische Gangstergeschichte mit Erpressern, Aberglauben im Schatten der katholischen Kirche, mit Liebesaffären Verheirateter und Jugendlicher. Involviert ist die schöne Mutter und der heranwachsende Sebastian. Typisch römische Kommunisten treten auf, sprechen über den Prager Aufstand, den Krieg in Vietnam, und mittendrin sorgt Luca für Verwirrung. Die Mutter liebt ihn, die Polizei sucht ihn. Erzählt wird das Drama einer deutschen Familie, die sich den undeutschen Sitten angenähert hat. Die Geschichte geht nicht gut aus, das wunderbare Feelein endet im Tiber, der Vater in einem Wohnwagen im Odenwald. Dass es auch noch kriminalistisch knistert, vieles ernst ist, aber doch nicht schwer, das macht die Qualität dieses sehr unterhaltsamen römischen Schicksalsbuchs aus. (V.A.)
Auszeichnungen u.a.: Leonce-und-Lena-Preis für Lyrik (1987), Friedrich-Hölderlin-Förderpreis (1990), Stipendium Villa Massimo, Rom (1995), Bamberger Poetik-Professur (2001).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Vor der Premiere“, Erzählung, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a.M. 1988
– „Gelbes Dienstrad wie es hoch durch die Luft schoß“, Gedichte, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a.M. 1989, Taschenbuch Fischer, Frankfurt a.M. 1992
– „Bergers Fall“, Roman, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a.M. 1991
– „Halt! Paradiesischer Sektor! Gedichte und ein Notizbuch!“, Dt. Akademie Villa Massimo, Rom 1995
– „Gulliver in Bulgarien“, Prosaminiaturen, Das Wunderhorn, Heidelberg 1999
– „Paul Schatz im Uhrenkasten“, Roman, DuMont, Köln 2000, Taschenbuch dtv, München 2003
– „Was rauchte ich Schwaden zum Mond“, Gedichte, DuMont, Köln 2001
– „Die Schönheit des Vergänglichen. Erinnerung und ästhetische Erfahrung bei Eduard Mörike“, Bernhard Lang Verlag, Frankfurt a.M./Bern 2004
– „Nick mit den stechenden Augen“, für Kinder ab 8 Jahren, dtv junior, München 2004
– „Eine Liebe am Tiber“, Roman, DuMont, Köln, August 2004

Sa, 28.8., 16.30 Uhr, Schlossgarten