Inka Parei


   

So unangefochten wie Inka Parei in diesem Jahr, hat selten ein Schriftsteller den Ingeborg-Bachmann-Preis bekommen. Die sechsunddreißigjährige, in Frankfurt geborene Autorin, die 1987 zum Studium nach Berlin ging, beschreibt nicht den Glamour, sondern die dunklen, alltäglichen und vielfach übersehenen Seiten des normalen Lebens. Sowohl in ihrem 1999 erschienenen Roman „Die Schattenboxerin“ als auch in dem in Klagenfurt preisgekrönten Auszug aus ihrem neuen, noch unfertigen Buch sind verkommene Wohnungen in verkommenen Wohngebieten die zentralen Beobachtungsorte. Wohnungen sind Rückzugsorte. Auch für Hell, der Hauptfigur in der „Schattenboxerin“. Außer ihr wohnt niemand mehr in dem Abbruchhaus. Sie stört das nicht. Ihr Tagesablauf ist auf die nötigsten Handlungen – Tür aufschließen, Tür zuschließen, Teewasser aufsetzen, zur Toilette gehen – beschränkt. Erst allmählich wird klar, weshalb sich die junge Frau von der Welt zurückgezogen hat.
Wie in der „Schattenboxerin“ zeigt auch das Kapitel ihres neuen Romans, dass es die existenzielle Unbedingtheit ist, die Inka Parei interessiert. Ein alter Mann, der ein Mietshaus in einem Frankfurter Vorort, in dem Inka Parei als Kind gewohnt hat, erbte, verlässt seine gewohnte Berliner Umgebung und beobachtet das neue Haus mit Neugier, Angst und Panik. Er sieht Dinge, die andere übersehen würden, die Blicke aus dem Fenster entzünden seine Phantasie. Jeder fremde Schritt ängstigt ihn, und seine Phantasien setzen ein. Es ist nicht nur die genaue Beschreibung von Einzelheiten, es ist ein dramaturgisches Glanzstück, wie es Inka Parei gelingt, Spannung herzustellen und das Interesse auf das Innenleben dieses einsamen, auf sich selbst konzentrierten alten Mannes zu lenken. Nicht die Handlung ist von Bedeutung, denn es ereignet sich wenig, sondern die Erlebnisintensität, mit der Inka Parei diesen Mann ausstattet. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung psychischer Zustände ist ihr, das war schon in der „Schattenboxerin“ so, wichtiger als der Blick auf Äußerliches. Sie selbst, sagte Inka Parei in einem Interview, sei eher menschenscheu und gehe überhaupt nicht gerne zu Lesungen. Nach Erlangen wird sie kommen. (V.A.)
Auszeichnungen u.a.: Stipendium der Autorenwerkstatt im Literarischen Colloquium Berlin (1997), Hans-Erich-Nossack-Preis (2000), Stipendium des Berliner Senats (2001/02), Ingeborg-Bachmann-Preis und Kelag-Publikumspreis der Tage der deutschsprachigen Literatur, Klagenfurt (2003)

 

Veröffentlichungen:
– „Die Schattenboxerin“, Roman, Schöffling & Co., Frankfurt a.M. 1999, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt a.M. 2001

 

Termin:
– Sa, 30.8., 17.00 Uhr, Schlossgarten

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