Franzobel


   

Als eine Art niederösterreichischer Kasimir Malewitsch hat Franzobel, der am 1.3.1967 als Franz Stefan Griebl in Vöcklabruck geboren wurde, seine ketzerische Kunst begonnen: Das Kind zweier Zirkusartisten malte als junger Mann zwar keine schwarzen Quadrate, aber ein vielfältig variiertes Weiß auf schwarzem Hintergrund, wobei er jeweils die Konturen neu zu definieren versuchte. Auf diesem Feld strenger Avantgarde hielt es Franzobel nicht lange. Bald verlegte er sich mit wachsendem Erfolg auf sprachnärrische Feuerwerkereien und bewies 1995 mit seinem Prosatext „Krautflut“ der Bachmannpreis-Jury, dass man mit anarchistischem Sprachfuror die Grenzen des Sagbaren staunenswert weit dehnen kann. Die Kritik zeigt sich seit Franzobels Klagenfurt-Triumph nicht immer glücklich darüber, dass der Autor seither „Bücher im Dutzend hervorkarnickelt“ (M. Papst). Den Verdacht, dass seine „literarischen Hanswurstereien“ zwar recht schmackhaft seien, aber unter viel Panade „kein Schnitzel“ zu entdecken sei (P. Demetz), wiederlegte er spätestens mit dem erotisch-blasphemischen Österreich-Roman „Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt“ (2000), der in die Unterleibsregionen des Wiener Vorstadtmilieus eintaucht und dort in frivoler Weise die Kombinationen aus Katholizismus und Sexualität durchbuchstabiert. Mit ebenso provokativen wie amüsanten Sprachspielen unterrichtet uns der Autor hier über die Geheimnisse des österreichischen Trieblebens.
Als Lyriker, der mit großer Dekonstruktionslust die Sprache zerlegt, um daraus eine veritable Vergnügungs-Kunst zu zaubern, wird Franzobel in regelmäßigen Abständen von größeren Produktionsschüben überwältigt, in deren Verlauf er umfangreiche Zyklen erstellt: über „Leibesübungen“, Jahreszeiten und andere „Sprachblumen“, die zu ungeheuren Gebilden auswuchern können. Aus fünfzehn dieser poetischen Eruptionen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre entstanden sind, hat der bekennende Verbalerotiker, Sirthaki-Tänzer, Fußball-Fan und Sprachlust-Experte nun eine Auswahl getroffen: In „Luna Park“ entführt uns Franzobel in eine Region von enormer „Vergnügungsdichte“ und verbaler Frivolität. (M.B.)
Auszeichnungen u.a.: Linzer Stadtschreiber (1992/93), Ingeborg-Bachmann-Preis (1995), Staatsstipendium für Literatur (1996), Prix Fesch (1996), Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (1998), Arthur-Schnitzler-Preis (2002).

  Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Die Musenpresse. Aus einem Roman von Margarete Lanner“, Ritter, Klagenfurt 1994
– „Das öffentliche Ärgernis. 3 Texte“, edition selene, Klagenfurt/Wien 1995
– „Die Krautflut“, Erzählung, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1995
– „Hundshirn“, Roman, edition blattwerk, Linz 1995
– „Schinkensünden. Ein Katalog“, Ritter, Klagenfurt 1996
– „Linz. Eine Obsession“, Janus, Berlin 1996
– „Kafka. Eine Komödie“, edition selene, Klagenfurt/Wien 1997
– „Der Trottelkongreß. Commedia dell’ pape. Ein minimalistischer Heimatroman“, Ritter, Klagenfurt 1998
– „Böselkraut und Ferdinand. Ein Bestseller von Karol Alois“, Roman, Zsolnay, Wien 1998, Taschenbuch Piper, München 2002
– „Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt“, Roman, Zsolnay, Wien 2000, Taschenbuch Piper, München 2002
– „Die Nase“, Picus Verlag, Wien 2002
– „Mundial. Gebete an den Fußballgott“, Literaturverlag Droschl, Graz u.a. 2002
– „Austrian Psycho oder Der Rabiat Hödlmoser“, Bibliothek der Provinz, Weitra 2002
– „Lusthaus oder Die Schule der Gemeinheit“, Zsolnay, Wien 2002, Taschenbuch Piper, München, Februar 2004
– „Luna Park. Vergnügungsgedichte“, Zsolnay, Wien, August 2003
Theater (Auswahl):
– „Das Beuschelgeflecht“, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1996, UA Schauspielhaus Wien, Regie: Thilo Voggenreiter, 1996
– „Volksoper. Olympia“, 2 Stücke, Bibliothek der Provinz, Weitra 2000
– „Mozarts Vision“, Stück/Materialien/Collagen, Passagen, Wien, Oktober 2003
 

Termin:
– So, 31.8., 13.00 Uhr, Schlossgarten

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