Gespräche und Diskussionen


   

Muss ich das wirklich alles wissen? Das Generationen-podium zum Thema Bildung
Interdisziplinäre Podiumsdiskussion mit Alexander Demandt, Rolf Dobelli, Donata Elschenbroich u.a.; Moderation: Florian Felix Weyh

Nie war der Zugriff auf Bildungsgüter leichter, demokratischer, billiger, nie lag die Zugangsschwelle niedriger – und doch reißt die Klage über mangelndes Niveau der Schulen und Universitäten nicht ab. Diplomierte Akademiker werden als „sekundäre Analphabeten“ entlarvt, zu kaum mehr fähig, als in schlechtem Deutsch oder schwachem Englisch zu publizieren, blind für alles, was über ihr Fachgebiet hinausgeht. Wo politisch nur von der Misere die Rede ist, tut Widerspruch Not: Bildung ist keine Qual, sondern eine menschliche Bereicherung. Sie stärkt die Widerstandskräfte, bei moralischen Anfechtungen wie in persönlichen Krisen. Sie erweitert die Zahl der biographischen Alternativen, schützt vor innerer Leere und versöhnt mit den Unbilden des Lebens. Dazu darf man sie allerdings nicht ins strenge Korsett von Lehrplänen einzwängen und muss sie für neue Erfahrungswelten offen halten: Was dazu gehört und was nicht, bestimmt – zum Leidwesen der Altvorderen – jede Generation aufs Neue.
Florian Felix Weyh
Über unterschiedliche Bildungsideale, über geisteswissenschaftliche, naturwissenschaftliche, ökonomische und ästhetisch-künstlerische Bildungsansätze diskutiert Florian Felix Weyh mit dem Historiker und Spezialisten für Alte Römische Geschichte Alexander Demandt, dem international erfolgreichen Jungunternehmer und Romancier Rolf Dobelli, der Kindheitsforscherin Donata Elschenbroich u.a.

Sa, 30.8.2003, 12 Uhr, Markgrafentheater Oberes Foyer

Eintritt: 3,- / erm. 2,- Euro

 

 

Sonntagsmatinee
Europa – alte Tante, junge Göttin?

Podiumsdiskussion mit Mathias Greffrath, Henryk Jarczyk, Ming Shi, Tilmann Spengler, Viktor Timtschenko u.a., Moderation: Wilfried F. Schoeller

Der amerikanische Verteidigungsminister Rumsfeld hat „das alte Europa“ verspottet. Aber die alte Tante lebt auch in ihrer mythologischen Wunschgestalt weiter: als junge Göttin. Sie geizt nicht mit Überraschungen. Gerade formieren sich neue Allianzen: Russland, Frankreich und Deutschland betreiben einige Diplomatie gemeinsam, Putin drängt nach Westen, zehn neue Mitglieder hat die Europäische Union. Welche Weltmachtrolle kann und will Europa in Zukunft übernehmen? Wird eine gemeinsame Außenpolitik möglich? Welche politischen Möglichkeiten wird Europa überhaupt haben, wenn es sich in absehbarer Zukunft durch die Vergrößerung der EU vielleicht auf Verwaltungsstrukturen konzentrieren muss? Und auf welchen gemeinsamen Vorrat an Kultur können wir uns jenseits von Brüsseler Bürokratie und feierlichen Erklärungen berufen? Gibt es überhaupt den einigenden zivilisatorischen Impuls? Ist Europa nicht ständig in Gefahr, sich selbst zu überfordern?
Wilfried F. Schoeller
Diesmal wirft Wilfried F. Schoeller, der seit vielen Jahren die traditionelle Sonntagsmatinee des Erlanger Poetenfests moderiert, gemeinsam mit internationalen Gästen, einen Blick über die deutschen Grenzen hinaus – auf das „neue Europa“. Es diskutieren der Journalist und Globalisierungs-Skeptiker Mathias Greffrath, der Osteuropa-Experte Henryk Jarczyk, der chinesische Publizist Shi Ming, Tilmann Spengler, Schriftsteller und Mitherausgeber der Zeitschrift „Kursbuch“, der ukrainische Korrespondent und Putin-Kenner Viktor Timtschenko u.a.

So, 31.8.2003, 11 Uhr, Redoutensaal

Eintritt: 4,50 / erm. 3,- Euro

 

 

Das aktuelle Podium
Russische Meister

Gespräch mit Swetlana Geier und Egon Ammann, Moderation: Verena Auffermann

Wie können wir Russland verstehen? Durch das, was die Schriftsteller über ihr Land aufgeschrieben haben. Dank den Schriftstellern können wir uns ein Bild davon machen, wovon es keine Bilder gibt. Durch die Romane Fjodor Dostojewskijs kennen wir die zwischen Glauben, Armut und Fanatismus hin und hergepeitschten Menschen, kennen ihren Alltag, ihre Mietshäuser, Hinterhöfe und Holzstiegen. Fjodor Dostojewskij ist der große unerbittliche Realist. Er wurde 1821 in Moskau geboren und starb nach längeren Auslandsaufenthalten 1881 in Sankt Petersburg.
Swetlana Geier, 1923 in Kiew geboren, lebt seit vielen Jahren in Freiburg im Breisgau und beschäftigt sich seit fünfzig Jahren mit den Meisterwerken der russischen Literatur. Ihr allein ist zu verdanken, dass wir Dostojewskij wiederentdeckt haben. Die große Übersetzerin Geier, die bereits Tolstoi, Solschenizyn, Platonow und Bulgakow neu übertragen hat, beschäftigt sich seit zehn Jahren intensiv mit dem Werk Dostojewskijs. Swetlana Geier diktiert ihre Übersetzungen, sie spricht die Sätze und hat so Dostojewskij seine „Stimme“ wiedergegeben. Nach „Verbrechen und Strafe“ (1994), „Der Idiot“ (1996), „Böse Geister“ (1998) und „Der Großinquisitor“ (2001) erscheinen jetzt in einer 2-bändigen Ausgabe „Die Brüder Karamasow“. Darüber wird die große Dostojewskij-Kennerin sprechen.
Egon Ammann ist vielleicht der letzte leidenschaftliche Verleger des Buchzeitalters. Im Ammann Verlag erscheint die Dostojewskij-Ausgabe und die Gesamtausgabe des großen russischen Dichters Ossip Mandelstam (1891-1938). Mandelstam, Sohn jüdischer Kaufleute, verbrachte seine Kindheit in St. Petersburg und wurde 1933 von Stalin ein „Seelenverderber und Bauernschlächter“ genannt und in die Verbannung geschickt. 1938 starb Mandelstam in einem sibirischen Arbeitslager. Im Ammann Verlag erscheint die von Ralph Dutli verfasste, international erste Mandelstam-Werkbiografie. Egon Ammann wird über seine Liebe zur russischen Literatur, über seine Arbeit mit Swetlana Geier und über das Mandelstam-Projekt reden.
Verena Auffermann


So, 31.8.2003, 19 Uhr, Markgrafentheater Oberes Foyer

Eintritt: 4,50 / erm. 3,-

Filmreihe:
Die Russen kommen!

Wladimir Majakowski und Lilja Brik. Das Fräulein und der Hooligan

Im Oktober diesen Jahres zeigen die dritten Programme der ARD eine Filmreihe über herausragende Persönlichkeiten der russischen Literatur, die auf Anregung der Übersetzerin Swetlana Geier produziert wurde. Die Reihe trägt den Titel: „Die Russen kommen!“. Anlässlich des aktuellen Podiums „Russische Meister“ zeigt der Bayerische Rundfunk eine Folge dieser Reihe bereits zum Erlanger Poetenfest: „Das Fräulein und der Hooligan“ – die Liebesgeschichte zwischen Wladimir Majakowski und Lilja Brik. Zwischen ihnen steht, trennend wie verbindend, Ossip Brik, Liljas Mann und Wladimirs engster Vertrauter. Sie halfen sich über schöpferische Krisen hinweg, sie arbeiteten gemeinsam an Büchern, Theaterstücken, Zeitschriften, Plakat-Aktionen und Filmen. Die Briks waren stets die ersten Zuhörer, Leser und Kritiker von Majakowskis Texten, an Lilja sind die meisten Verse gerichtet. Das Verhältnis endet tragisch: Am 14. April 1930 erschoss sich der Dichter.
So, 31.8., 22 Uhr, Markgrafentheater Oberes Foyer

Sendetermine:
„Ein Leben wie Dr. Schiwago. Der Dichter Boris Pasternak“, von Rainer Kusserow, 43 min, BR 2000
5.10.2003, 13.15 Uhr

„Lolita ist berühmt, nicht ich. Vladimir Nabokov“, von Andreas Christoph Schmidt, 45 min, BR 1996
12.10.2003, 13.15 Uhr

„Wladimir Majakowski und Lilja Brik. Das Fräulein und der Hooligan“, von Dietrich Leube, 43 min, BR 1996
19.10.2003, 13.40 Uhr

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