„Für die Freiheit des Wortes“


   

Über verfolgte und emigrierte Schriftsteller

mit Wilfried F. Schoeller

Tagtäglich spülen Katastrophen an unsere sicheren Gestade. Gefängnis, Flucht und Vertreibung gehören zum Alltag in den meisten Ländern dieser Erde. Dem unterdrückten Geist, den Journalisten, Schriftstellern, Künstlern, im Gefängnis, unter der radikalen Zensur, in totalitären Verhältnissen, den Vertriebenen gilt unsere Aufmerksamkeit. Drei verschiedene Perspektiven werden angelegt.
Zur Wiederentdeckung eines Zeugen: Der österreichische Essayist und Erzähler Jean Amery hat sich 1978 in Salzburg das Leben genommen. Ein Jahr zuvor hatte er seinen Schritt in einem eigenen Buch begründet. Der Essay „Hand an sich legen“ war eine philosophische Rechtfertigung des Freitods. Amery hat sich von einer tief empfundenen Schuld nicht befreien können. Er war als Widerstandskämpfer gegen die Nazis verhaftet und ins KZ gesteckt worden, hatte Auschwitz überstanden und dieses Überleben als seine Schuld angesehen. Er stellte sich ihr – mit dem Selbstmord. Fast ein Vierteljahrhundert danach erscheinen nun seine Gesammelten Werke. Den Anfang macht die glanzvolle und bedrückende Sammlung „Jenseits von Schuld und Sühne“, in der über die Tortur, die Heimat, Ressentiments, die Grenzen des Geistes, über „Zwang und Unmöglichkeit, Jude zu sein“ tiefgründig reflektiert wird. Wilfried F. Schoeller stellt dieses vergessene und so aktuelle Werk vor.
Zur aktuellen Situation: In 58 P.E.N.-Zentren wird gegenwärtig solidarische Arbeit für verfolgte Autoren betrieben, der deutsche P.E.N. ist dabei mit an führender Position. „Writers in prison“ kümmert sich augenblicklich um rund 100 Fälle in aller Welt: Ermittlung der Vorfälle und der akuten Bedrohung, Kontakte mit den Angehörigen, Briefaktionen für die Gefangenen, Dossiers über die Fälle, Beschaffung von Spenden, Organisation von internationaler Solidarität, Publikation von verbotenen und eingezogenen Texten – und vieles andere mehr. Parallel zu diesem Programm gibt es, für einige Jahre von der Bundesregierung finanziell abgesichert, die Aktion „Writers in exile“. Gegenwärtig sechs Autoren genießen in Deutschland Gastrecht, versuchen sich von ihren zum Teil traumatischen Erlebnissen zu erholen, den Rückweg zum Schreiben zu finden. Karin Clark, die Beauftragte des P.E.N.-Zentrums für „Writers in prison“, stellt die beiden Programme vor und erzählt von den Erfahrungen mit ihrer Arbeit.
Leben im Exil: Kaca Celan, Stückeschreiberin, Lyrikerin, Theaterleiterin und Übersetzerin, erhielt 1993 ein Stipendium in Deutschland. Seitdem lebt und arbeitet sie hier im Exil. Sie wurde 1956 in der Vojvodina geboren, studierte Weltliteratur, Theaterwissenschaften und Schauspiel in Sarajewo. Ihre Stücke, unter anderen „Heimatbuch“, „Die letzte Geschichte“ und „Doktor Cechov“ wurden auch auf deutschen Bühnen aufgeführt und mit Preisen ausgezeichnet. 1996 erhielt sie den internationalen Literaturpreis „Kristal Vilenice“ für „Ich und Du – Buch der Liebesgedichte“. Kaca Celan erzählt von den Schwierigkeiten ihrer Arbeit und von der Mühsal, einen Alltag in der Fremde zu erwerben.
Wilfried F. Schoeller

 

 

 

Termin:
Samstag, 31. August 2002, 19.00 Uhr, Schlossgarten

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