Der Essayist Friedrich Dieckmann
Lesung und Gespräch
Friedrich Dieckmann ist eine in jeder Hinsicht erstaunliche Gestalt unseres
intellektuellen Lebens. Er verbindet in sich Talente, die auf eine umfassende
musische Existenz hinweisen. Er spricht und schreibt genauso kenntnisreich
über Musik, Geistesgeschichte, politische Zusammenhänge, Literatur
(dies nur in beispielhafter Aufzählung), als handele es sich um eine
einzige Disziplin der Kennerschaft. Er überbrückt mühelos
Jahrhunderte, als lägen die Zeiten vor der Haustür. Er behauptet
in seiner geistigen Teilnahme eine akute Zeitgenossenschaft und ist doch
eine ganz und gar unzeitgemäße Existenz. Er kann große
Entwürfe wiedergeben, als griffe er zu einem bekannten Stadtplan,
und ist doch versessen auf jede Anekdote.
Die vielleicht erstaunlichste Leistung erweist seine neueste Sammlung
mit Essays. Die Freiheit ein Augenblick versammelt Texte aus
vierzig Jahren und legt eine Spur zurück ins Dasein eines unabhängigen
Geistes in der DDR. In diesem Lesebuch eines Polyhistors gibt es keinen
Kotau vor der Macht und keine Anbiederung an die veröffentlichte
Sprache der Macht. So marginal die Gegenstände seiner Vivisektionen
auch sein mögen, sind sie doch von einer unbestechlichen Neugier
bewegt. Und viele von ihnen sind Dankadressen für Eindrücke,
Kenntnisse und Prägungen.
Ein Gespräch mit dem Essayisten, der beim Erlanger Poetenfest schon
so viele streitbare wie anregende Beiträge geleistet hat.
Wilfried F. Schoeller
|