35. Erlanger Poetenfest — 27. bis 30. August 2015
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Ralph Dutli

Ralph Dutli ist als Schriftsteller ein Universaltalent. Ein Schweizer, der zwölf Jahre in Paris gelebt hat und seit 1994 in Heidelberg zu Hause ist. Er ist der Übersetzer und Herausgeber des Werks von Ossip Mandelstam und der großen russischen Dichterin Marina Zwetajewa. Aber er ist nicht nur ein Kenner russischer Literatur, sondern auch der absurden Poesie des Mittelalters, der Olive und der Biene. All das Wissen vereint er in seinem Kopf. 2013 hat Ralph Dutli einen hochgelobten Roman über die letzten Tage im Leben des Malers Chaim Soutine „Soutines letzte Fahrt“ geschrieben, jetzt verfasste er mit den „Liebenden von Mantua“ einen „Kultur-Krimi“. Ein Buch über zwei Freunde, die sich in Mantua nach dem schrecklichen Erdbeben im Mai 2012 zufällig wiedertreffen. Raffa, ein Journalist, soll über die Spuren des Erdbebens schreiben, ein Jahr danach. Manu, ein selbsternannter Detektiv sucht nach einem 6000 Jahre alten Skelett. Auf das Skelett zweier ineinander verschlungener Körper war man 2007 bei Ausgrabungen in Valdaro unweit von Mantua gestoßen. Es wurden DNA-Untersuchungen vorgenommen, und plötzlich, nach dem Durcheinander des Erdbebens, war das „Liebes“-Skelett verschwunden. Manu will es suchen und verschwindet dabei selbst, findet sich in einem festungsartig gesicherten Schloss wieder, und Raffa erwartet ihn allabendlich auf der Piazza in Mantua – vergebens. Das Schloss ist im Besitz eines unsympathischen Grafen. Der „Conte“ ist Manus Entführer, nachts unterhält er sich mit seinem Gefangenen. Oder Manu kann in der mittelalterlichen Bibliothek in kaum zu entziffernden, wertvollen Folianten blättern und sich mit der Frage herumschlagen, was der Conte mit ihm als Geisel will. Ralph Dutli entwirft eine spannende Szenerie, ein Entführungsdrama. Manu beginnt im Hungerstreik zu halluzinieren, das Mittelalter lebt auf, Geschichten von Päpsten und Philosophen, und dazwischen flackern die Bilder der zwei Liebenden auf, die in Manus Kopf längst schon „Romeo und Julia“ heißen. Raffa, der Erdbebenforscher, vertreibt sich die Zeit und die Angst um den verschwundenen Manu in Mantua mit einer rätselhaften Frau. Und der gelehrte Ralph Dutli freut sich an der Allmacht des Geschichtenerzählers. Er hat ein Einsehen, plädiert für Gnade. (V. A.)

Auszeichnungen u. a.: Übersetzerpreis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie (1993), Hugo-Ball-Förderpreis der Stadt Pirmasens (1996), Werkjahr der Stadt Zürich (2000), Stuttgarter Literaturpreis (2002), Arbeitsstipendium Herrenhaus Edenkoben, Anerkennungsgabe der Stadt Zürich (2003), Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung Weimar (2004), Johann-Heinrich-Voss-Preis (2006), Rheingau Literaturpreis (2013), Preis der LiteraTour Nord, Düsseldorfer Literaturpreis (2014). Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt (seit 1995).

Veröffentlichungen (Auswahl):

– Ossip Mandelstam: „Das Gesamtwerk“, 10 Bde., Hrsg., Ammann, Zürich 1985–2000
– „Europas zarte Hände. Essays über Ossip Mandelstam“, Ammann, Zürich 1995
– „Notizbuch der Grabsprüche“, Gedichte, Rimbaud, Aachen 2002
– „Meine Zeit, mein Tier. Ossip Mandelstam. Eine Biographie“, Ammann, Zürich 2003
– „Novalis im Weinberg“, Gedichte, Ammann, Zürich 2005
– „Nichts als Wunder. Essays über Poesie“, Ammann, Zürich 2007
– „Liebe Olive. Eine kleine Kulturgeschichte“, Ammann, Zürich 2009, Neuauflage Wallstein, Göttingen 2013
– „Fatrasien. Absurde Poesie des Mittelalters“, Wallstein, Göttingen 2010
– „Das Lied vom Honig. Eine Kulturgeschichte der Biene“, Wallstein, Göttingen 2012
– „Soutines letzte Fahrt“, Roman, Wallstein, Göttingen 2013
– Richard de Fournival: „Das Liebesbestiarium“, Übertragung und Essay, Wallstein, Göttingen 2014
– „Die Liebenden von Mantua“, Roman, Wallstein, Göttingen, August 2015

Sa, 29.8., 18 Uhr, Schlossgarten

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Website:
www.ralph-dutli.de