35. Erlanger Poetenfest — 27. bis 30. August 2015
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Ludwig Fels

Vor genau hundert Jahren, im Sommer 1915, ging die deutsche Kolonialherrschaft im heutigen Namibia zu Ende. Fast ist es in Vergessenheit geraten, dass Deutschland im ehemaligen Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika für den ersten Völkermord im 20. Jahrhundert verantwortlich ist. 1904/05 ermordeten die kaiserlichen Truppen knapp 100.000 aufständische Herero und Nama. Weil Kaiser Wilhelm II. die Anordnung gab, keinen Schuss zu vergeuden, wurden zehntausende Männer, Frauen und Kinder des Herero-Stammes einfach in die Wüste getrieben. Die Soldaten unter Generalleutnant Lothar von Trotha vergifteten die wenigen Wasserquellen und ließen die Menschen qualvoll verdursten. In seinem historischen Roman „Die Hottentottenwerft“ beschäftigt sich der 1946 in Treuchtlingen geborene Autor Ludwig Fels mit diesem finsteren Kapitel der deutschen Kolonialgeschichte. Er lässt den Pappenheimer Crispin Mohr aus zerrütteten heimatlichen Verhältnissen nach Afrika aufbrechen, als Reitersoldat bei den Schutztruppen in Deutsch-Südwest anheuern, sich verlieben und zwischen die Fronten geraten. Mit geradezu biblischer Wucht erzählt Ludwig Fels von der Liebe, der Sehnsucht und der Brutalität des Lebens; schmerzlich-schön, schonungslos klar. Fels, der seit 1973 freier Schriftsteller ist, zählt nicht nur zu den sprachgewaltigsten deutschen Autoren, sondern gilt schon zu Lebzeiten als Klassiker. Sein wuchtiger und verstörender 1981 erschienener Roman „Ein Unding der Liebe“ wurde gerade erst in der „Edition moderne fränkische Klassiker“ wieder neu aufgelegt. (D. K.)

Auszeichnungen u. a.: Leonce-und-Lena-Preis, Preis der SWR-Bestenliste (1979), Kulturpreis der Stadt Nürnberg (1981), Hans-Fallada-Preis (1983), Stadtschreiber von Bergen-Enkheim (1985), Stipendium Villa Massimo Rom (1987), Literaturpreis des Deutschen Literaturfonds, Kranichsteiner Literaturpreis (1992), Otto-Braun-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung Weimar, Elias Canetti-Stipendium der Stadt Wien (2000), Wolfgang-Koeppen-Preis (2004), Literaturpreis der Wilhelm und Christine Hirschmann-Stiftung (2009), Wolfram-von-Eschenbach-Preis (2011).

Veröffentlichungen (Auswahl):

– „Anläufe“, Gedichte, Luchterhand, Darmstadt 1973
– „Platzangst“, Erzählungen, Luchterhand, Darmstadt 1974
– „Ernüchterung“, Gedichte, Renner, Erlangen 1975
– „Die Sünden der Armut“, Roman, Luchterhand, Darmstadt 1975
– „Alles geht weiter“, Gedichte, Luchterhand, Darmstadt 1977
– „Ich bau aus der Schreibmaschine eine Axt. Gedichte und Geschichten“, Aufbau, Weimar/Berlin 1980
– „Ein Unding der Liebe“, Roman, Luchterhand, Darmstadt 1981, ars vivendi, Cadolzburg 2015
– „Betonmärchen“, Prosa, Luchterhand, Darmstadt 1983
– „Der Anfang der Vergangenheit“, Gedichte, Piper, München 1984
– „Die Eroberung der Liebe. Heimatbilder“, Piper, München 1985
– „Rosen für Afrika“, Roman, Piper, München 1987
– „Blaue Allee, versprengte Tataren“, Gedichte, Piper, München 1988
– „Der Himmel war eine große Gegenwart. Ein Abschied“, Roman, Piper, München 1990
– „Bleeding Heart“, Roman, Piper, München 1993
– „Mister Joe“, Roman, Luchterhand, München 1997
– „Krums Versuchung“, Roman, Europa-Verlag, Hamburg 2003
– „Reise zum Mittelpunkt des Herzens”, Roman, Jung und Jung, Salzburg 2006
– „Die Parks von Palilula“, Jung und Jung, Salzburg 2009
– „Egal wo das Ende der Welt liegt“, Gedichte, Jung und Jung, Salzburg 2010
– „Die Hottentottenwerft“, Roman, Jung und Jung, Salzburg, 28. August 2015

So, 30.8., 14:30 Uhr, Schlossgarten

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