35. Erlanger Poetenfest — 27. bis 30. August 2015
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Henning Ahrens

Henning Ahrens ist einundfünfzig, Autor, Lyriker, Zeichner, Übersetzer und der Sohn eines Landwirts aus Peine in Niedersachsen. Alles eigentlich nicht der Rede wert, wenn Dorf und Wald, Schwein und Stein, Gülle und Hölle nicht seine literarische Hexenküche wären. Wie schon in dem Roman „Lauf Jäger lauf!“ schwebt auch in „Glantz und Gloria“ ein ICE durchs Bild, die alltägliche Welt, denkt man, weit gefehlt. „Die Story“, versichert der Ich-Erzähler Rock Oldekop, ist so „falsch wie eine Lüge wahr ist“, und wer eine brave Ferienlektüre mit Mord und Strandkorb erwartet: Fehlanzeige.
Ist „Glantz und Gloria“, ein Roman oder eine Parodie auf die Erzählformen von der Gothic Novel bis zu Märchen und Comic, dreht ein Fantast am Rad der Zeit und wirbelt die bekannten Dinge so durcheinander, dass manches auf dem Kopf und vieles in den Sternen steht? Denn das ist die Story: Rock Oldekop kommt nach mehr als 40 Jahren zurück nach Glantz, ein „Weiler an die Hänge geschmiegt wie ein Baby an die Mutterbrust“. In Glantz ist er aufgewachsen, in Glantz sind seine Eltern bei einem Brand umgekommen, damals war Rock sechs Jahre, also in dem Alter, in dem Märchen realistischer sind als die Realität. Deshalb sieht Rock Olde­kop in der blonden Gloria mit ihrem Louis Vuitton-Täschlein mehr Fee als Frau, deshalb ist Henning Ahrens‘ Beschreibung einer wehmütigen Heimkehr ein melancholisches Freudenfest mit Zitaten aus dem Märchen- und Sagenschatz. Deshalb rezitieren seltsame Männer Fetzen weltbekannter Verse, mischen sich die Genres und die Grimms treffen nebenbei den Haudegen Münchhausen. Henning Ahrens‘ „Glantz und Gloria“ collagiert Bruchstücke der Gegenwart, historische Begebenheiten wie die Hexenverbrennungen und benetzt alles mit der guten alten deutschen Seele. „Glantz und Gloria“ ist ein sprachliches Labyrinth und literarisch-lustvolles Vergnügen. (V. A.)

Auszeichnungen u. a.: Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis (1999), Friedrich-Hebbel-Preis (2001), Nicolas-Born-Preis (2009).

Veröffentlichungen (Auswahl):

– „Lieblied was kommt“, Gedichte, DVA, Stuttgart 1998
– „Stoppelbrand“, Gedichte, DVA, Stuttgart/München 2000
– „Lauf Jäger lauf!“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2002
– „Langsamer Walzer“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2004
– „Tiertage“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2007
– „Kein Schlaf in Sicht“, Gedichte, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2008
– „Provinzlexikon. Geschichten vom Rand der Welt“, Knaus, München 2009
– „Glantz und Gloria. Ein Trip“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M., 20. August 2015

Sa, 29.8., 14 Uhr, Orangerie und So, 30.8., 14 Uhr, Schlossgarten





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