35. Erlanger Poetenfest — 27. bis 30. August 2015
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Hermann Glaser

Wer an die Biografie von Hermann Glaser denkt, hat zuerst den Kulturpolitiker vor Augen („Bürgerrecht Kultur“), dann den kulturhistorischen Denker, schließlich die Klammer zwischen beiden Rollen: den unermüdlichen Autor, Verfasser kaum noch nachzählbarer Büchermengen und einer unüberschaubaren Anzahl von Essays. Aber Hermann Glaser ist auch der Genießer, der bei der urfränkischen Formulierung „der Klöß“ leuchtende Augen bekommt. „Der Klöß“, das ist eine Form, die einen Einzahl-Artikel mit einem Hauptwort im Plural verbindet. Denn mit einem einzigen Kloß würde sich ein Franke nie zufriedengeben, sagt Glaser selbst. Das ist er schließlich ebenfalls: ein Franke. Deswegen musste ein Buch über „Franken – Eine deutsche Literaturlandschaft“ eines seiner großen Alterswerke werden.
Hermann Glaser wurde 1928 in Nürnberg geboren. Sein Vater war Studienrat; das hat wohl auch den Sohn zunächst auf die Lehrerlaufbahn geschickt. In seiner Jugend erlebte er den Nationalsozialismus, dessen (Un-)Wesen er in vielen Projekten und Publikationen – „Spießerideologie“, „Adolf Hitlers Hetzschrift ‚Mein Kampf‘“ – zu ergründen versuchte. Nach seinem Abitur im Jahr 1947 studierte Glaser in Erlangen und Bristol Germanistik, Anglistik, Geschichte und Philosophie. Im Anschluss an seine Promotion lehrte er zunächst an Gymnasien in Coburg und Nürnberg. Zu Beginn der 1960er-Jahre trat er der SPD bei, für die er 1964 das Amt des Schul- und Kulturreferenten der Stadt Nürnberg übernahm. Sein Programm lässt sich mit dem Schlagwort vom „Bürgerrecht Kultur“ umschreiben, das Glaser in vielen kulturpolitischen Projekten umzusetzen begann. Neben dem Amt (bis 1990) veröffentlichte Hermann Glaser zahlreiche Bücher. Sein Hauptwerk ist eine dreibändige „Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“. Hermann Glaser lebt in Rosstal und verbindet auch im Unruhestand stets kulturelle Reflexion und Publikation mit Kulturvermittlung. So schufen und schaffen seine zahlreichen Auftritte mit Schauspieler/innen und Musiker/innen ein Theater der deutschen Kultur – nachdenklich und lebendig zugleich. (H. H.)

»Literaturlandschaft Franken

Auszeichnungen u. a.: Kopernikus-Medaille (1974), Schubart-Literaturpreis (1991), Preis der Stadt Nürnberg (1993), Bürgermedaille der Stadt Nürnberg (2008), Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland (2009). Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland, Ehrenmitglied der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V.

Veröffentlichungen (Auswahl):

– „Kleine Geschichte der modernen Weltliteratur“, Ullstein, Frankfurt a. M. 1956
– „Das Dritte Reich. Anspruch und Wirklichkeit“, Herder, Freiburg i. Br. 1961
– „Spießerideologie. Von der Zerstörung des deutschen Geistes im 19. und 20. Jahrhundert“, Rombach, Freiburg i. Br. 1964
– „Sigmund Freuds Zwanzigstes Jahrhundert. Seelenbilder einer Epoche“, Hanser, München 1976
– „Literatur des 20. Jahrhunderts in Motiven“, 2 Bde., C. H. Beck, München 1978–1979
– „Bundesrepublikanisches Lesebuch. Drei Jahrzehnte geistiger Auseinandersetzung“, Hanser München 1978
– „Jugend zwischen Aggression und Apathie. Diagnose der Terrorismus-Diskussion“, Müller, Heidelberg/Karlsruhe 1980
– „Soviel Anfang war nie. Deutscher Geist im 19. Jahrhundert”, Hanser, München 1981
– „Die Kultur der Wilhelminischen Zeit. Topographie einer Epoche“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1984
– „Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“, 3 Bde., Hanser, München 1985–1989
– „Das Verschwinden der Arbeit. Die Chancen der neuen Tätigkeitsgesellschaft“, Econ, Düsseldorf u. a. 1988
– „Bildungsbürgertum und Nationalismus. Politik und Kultur im Wilhelminischen Deutschland“, dtv, München 1993
– „1945. Ein Lesebuch“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1995
– „Deutsche Kultur 1945–2000“, Hanser, München 1997
– „Und du meinst so bliebe es immer. Spurensuche in Franken und anderswo“, ars vivendi, Cadolzburg 2000
– „Kleine Kulturgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert“, C. H. Beck, München 2002
– „Kleine deutsche Kulturgeschichte von 1945 bis heute. Eine west-östliche Erzählung“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2004
– „Wie Hitler den deutschen Geist zerstörte. Kulturpolitik im Dritten Reich“, Ellert & Richter, Hamburg 2005
– „Jean Paul. Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken“, Schrenk, Gunzenhausen 2007
– „Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Weltgeist in Franken. Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken“, Schrenk, Gunzenhausen 2008
– „‚Ach!‘ Leben und Wirken eines Kulturbürgers“, Klartext, Essen 2011
– „Adolf Hitlers Hetzschrift ‚Mein Kampf‘. Ein Beitrag zur Mentalitätsgeschichte des Nationalsozialismus“, Allitera, München 2014
– „Franken – Eine deutsche Literaturlandschaft. Epochen – Dichter – Werke“, Schrenk, Gunzenhausen, August 2015

Sa, 29.8., 19 Uhr und So, 30.8., 15:30 Uhr, Orangerie

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Website:
www.hermannglaser.de