33. Erlanger Poetenfest — 29. August bis 1. September 2013
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Katja Petrowskaja

Für die Zeitung tritt sie als westöstliche Diva in Aktion und in Klagenfurt gewann sie für einen Romanausschnitt den Ingeborg Bachmann-Preis: Katja Petrowskaja. 1970 in Kiew geboren und dort aufgewachsen, ging die Literaturwissenschaftlerin Mitte der 90er-Jahre nach Stanford und später an die New Yorker Columbia-Universität, promovierte in Moskau, zog 1999 nach Berlin um und begann, als Journalistin für russische und deutschsprachige Zeitungen zu berichten. „Vielleicht Esther“ lautet der Titel ihres Romankapitels, mit dem sie in Klagenfurt die Jury überzeugte. Die Jüdin Esther, die viele Züge ihrer Urgroßmutter trägt, wurde 1941 aus Kiew verschleppt und beim Massaker von Babi Jar ermordet. Zwei Dinge seien von Babuschka geblieben, heißt es, eine Fotografie und eine Geschichte. Eben jene entspinnt Petrowskaja auf ebenso behutsame wie eindringliche Art und Weise. Sie habe vielleicht Esther geheißen, lässt der Vater der Familie verlauten, aber ganz sicher sei er sich dessen nicht – für ihn sei sie eben immer Babuschka gewesen. Dieses „vielleicht“ wird zum erzählerischen Prinzip des Textes und zum Fluchtpunkt der Recherche. Denn möglicherweise gab es auf dem Lastwagen einen Fikus, der in den Wirren der Evakuierung dort abgestellt wurde, und nur weil man ihn wieder auf die Straße verfrachtete, fand der neunjährige Vater der Erzählerin dort Platz und konnte überleben. Oder ist der Fikus Fiktion? Eine Erfindung, um die Geschichte der Familie in den Griff zu bekommen? Katja Petrowskaja münzt Fragen in produktive Kräfte um, mischt essayistische mit narrativen Elementen und findet einen sehr eigenen Zugang zu den Abgründen des 20. Jahrhunderts. (M. A.)
Auszeichnungen u. a.: Grenzgänger-Stipendium der Robert Bosch Stiftung (2010), Stipendium des Künstlerhauses Ahrenshoop, Ingeborg Bachmann-Preis (2013).

Veröffentlichung (Auswahl):
– „Vielleicht Esther“, Roman, Suhrkamp, Berlin, Januar 2014

Samstag, 31. August, 14:30 Uhr, Schlossgarten

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