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Das aktuelle Sachbuch
Florian Felix Weyh im Gespräch mit Burkhard Müller, Eva Züchner und Michael de Ridder, Lesungen: Markus Hoffmann

Wir müssen alle sterben, aber will es jemand? Natürlich nicht, aber gerade wegen dieser Unausweichlichkeit, sagt Michael de Ridder, können wir es uns nicht leisten, den Tod und unser Sterben wie eine lästige Nebensache zu behandeln. Der Chefarzt einer Berliner Rettungsstelle hat ein aufrüttelndes, provozierendes und ergreifendes Buch über Palliativmedizin, Sterbehilfe, Patientenverfügungen, Wachkoma und viele andere Details des Lebensendes geschrieben. Eine Lektüre, die unweigerlich auf den Buchtitel zuläuft: „Wie wollen wir sterben?“
Eva Züchner hat einen Vater, wie jeder Mensch, aber sie lernte ihn nicht mehr kennen. Kurz nach Kriegsende 1945 wurde er von der sowjetischen Geheimpolizei verschleppt und tauchte nicht wieder auf. Der Zugriff erfolgte nicht grundlos, wie Züchner 65 Jahre später in akribischer Recherche rekonstruierte: Ihr Vater war einer der jungen, hochbegabten Karrieristen des Dritten Reichs. Nicht im Militär oder in den Parteigliederungen, sondern in Goebbels’ Propagandamaschinerie. „Der verschwundene Journalist“ heißt ihre spannende Spurensuche, die uns Nachgeborenen zeigt, wie korrumpierend Lob und Anerkennung auf talentierte Menschen wirken kann – und mit welchen Mitteln die Nazibewegung schon vor 1933 junge Männer anzusprechen vermochte.
Um Deutschland geht es auch im dritten Sachbuch, doch auf ganz andere Weise. Der Literaturkritiker Burkhard Müller nimmt sich einer vernachlässigten Straßensorte an: der Bundesstraße. Einst die Fernverbindungen Deutschlands, fristen sie heute eine kümmerliche Statistenrolle neben den Autobahnen. Wer aber auf Bundesstraßen reist, bekommt einen erhellenden Blick auf deutsche Verhältnisse und hat viel Zeit zum Rekapitulieren. Mit „B – Eine deutsche Reise“ ist Burkhard Müller die Wiederbelebung der feuilletonistischen Reisepublizistik geglückt: geistvoll, informativ und stellenweise äußerst städtekritisch. Erlangen hat er zum Glück nicht besucht …
Florian Felix Weyh

Burkhard Müller: B – Eine deutsche Reise. Rowohlt. Berlin, Sep 2010
Michael de Ridder: Wie wollen wir sterben? Ein ärztliches Plädoyer für eine neue Sterbekultur in Zeiten der Hochleistungsmedizin. Deutsche Verlags-Anstalt. München, Mrz 2010
Eva Züchner: Der verschwundene Journalist. Eine deutsche Geschichte. Berlin Verlag. Berlin, Mrz 2010

Sonntag, 29. August, 13:00 Uhr, Schloss, Senatssaal (1. OG)
Eintritt frei!

 

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