Gert Loschütz Was ist das Unheimliche? Wir reden oft darüber, ohne es genau erklären zu können. Oberflächlich haben es Flutlicht und Geräuschteppiche zerstört. Aber untergründig lässt es sich nicht zerstören. Gert Loschütz entdeckt das Unheimliche wieder, jedenfalls für die Literatur. Das Unheimliche ist das Dunkle und Starre, wie Thomas’ Großvater warnt. Das Unheimliche ist schwer zu beschreiben, es ist diffus und nicht plump, meist liegt es ein paar Schichten unter der Oberfläche. Thomas, der Binnenschiffer, zieht das Unheimliche an. In jedem der zehn geheimnisvollen Kapitel der „Dunklen Gesellschaft“, überall zwischen Berlin, London, New York, Rom, Wien und einer brandenburgischen Kleinstadt. Thomas gehorcht dem Großvater nicht, er sucht das Dunkle und das Wasser, auch wenn es nur sintflutartige Regenfälle sind. In den zehn „Regennächten“ durchlebt er Stationen der Sehnsucht. Sehnsucht nach der Liebe und Sehnsucht nach dem strudelnden und spiegelnden Lauf der Flüsse. Ist die schwarz gekleidete Frau auf dem Deck der „Kreuz As“ und die Reitpeitsche, die auf ihr Gesäß und ihren Rücken niedersaust, ein Traumbild? Ist Werner, der durchs Fenster schaut und zusieht, wie Maren, seine Frau, auf Thomas liegt und ihm dabei durch die Fensterscheibe Kusshände zuwirft, der Anfang eines Wahns? Als die große Flutwelle kommt, will sie nicht gerettet werden. Und was ist mit dem Schlafwagenschaffner, der sich nach der Schifffahrt sehnt? Gert Loschütz’ „Dunkle Gesellschaft“ handelt vom Verborgenen. Den Ängsten, Phantasiebildern, Projektionen. „Einmal stand ich da, am Nachmittag, als ich eine dunkle Gesellschaft bemerkte, ganz in Schwarz gekleidete Männer und Frauen auf dem Deck der ‚Kreuz As’. Waren es die, vor denen mein Großvater mich warnen wollte?“ Gert Loschütz, in Genthin in der Ex-DDR geboren, hat sich in all seinen Romanen, Erzählungen und Theaterstücken mit dem Wegfahren, Ankommen und Abschiednehmen auseinandergesetzt. Die „Dunkle Gesellschaft“ steht in keiner geringeren Tradition als der von Joseph Conrad und Edgar Allan Poe. (V.A.)Auszeichnungen u. a.: Stipendium Villa Massimo, Rom (1973/74), Georg-Mackensen-Literaturpreis (1985), Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis (1987), Ernst-Reuter-Preis, Stipendium des Deutschen Literaturfonds (1988), New-York-Stipendium des Deutschen Literaturfonds (1990), Burgschreiber zu Beeskow/Brandenburg (1993), Stadtschreiber von Minden (1996), Writer in Residence in Oberlin/Ohio (1999), Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung (2000), Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland. Veröffentlichungen (Auswahl): – „Gegenstände. Gedichte und Prosa“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1971 – „Sofern die Verhältnisse es zulassen. Drei Rollenspiele“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1972 – „Neun Gedichte. Nove poemi“, Villa Massimo, Rom 1974 – „Diese schöne Anstrengung“, Gedichte, AutorenEdition, München 1980 – „War da was? Theaterarbeit und Mitbestimmung am Schauspiel Frankfurt 1972-1980“, Hrsg. zus. mit Horst Laube, Syndikat, Frankfurt a. M. 1980 – „Von deutscher Art. Was in den Köpfen derer steckte, die sich einen Führer wünschten. Ein Familienalbum vom Dachboden“, Hrsg., Luchterhand, Darmstadt u. a. 1982 – „Eine wahnsinnige Liebe“, Novelle, Luchterhand, Darmstadt u. a. 1984, Taschenbuch ebd. 1985 – „Flucht“, Roman, Luchterhand, Frankfurt a. M. 1990 – „Unterwegs zu den Geschichten“, Erzählungen, Verlag der Autoren, Frankfurt a. M. 1998 – „Dunkle Gesellschaft. Roman in zehn Regennächten“, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt a. M., September 2005 Übersetzungen (Auswahl): – „Wie ich zuhaus einmarschiert bin. Kubanische Erzählungen“, zus. mit Karl August Horst und Elfriede Jelinek, Taschenbuch Fischer, Frankfurt a. M. 1973 – Leo Lionni: „Theodor oder Der sprechende Pilz“, Middelhauve, Köln 1973 – Sergio Ramirez: „Die Spur der Caballeros“, zus. mit Wolfgang Fleischer und Peter Schultze-Kraft, AutorenEdition, München 1980, Taschenbuch dtv, München 1983 – „Hören wie die Hennen krähen. Geschichten. Von Garcia Marquez selbst und 34 weiteren Erzählern aus Kolumbien“, Hrsg. von Peter Schultze-Kraft, edition 8, Zürich 2003 – Tomas Gonzalez: „Horacios Geschichte“, Roman, zus. mit Jan Weiz und Peter Schultze-Kraft, edition 8, Zürich 2005 Theater (Auswahl): – „Lokalzeit“, UA Schiller-Theater, Berlin 1976 – „Chicago spielen“, UA Stadttheater Lüneburg 1980 – „Die Verwandten“, UA Teatro Goethe, Cordoba/Argentinien 1981 – „Der Sammler des Schreckens“, UA Theater Die Rampe, Stuttgart 1994 Hörspiele (Auswahl): – „Die Familie – von Kindern gespielt“, SWF 1970 – „Ihr Verhalten hat zu keinem Anstoß Anlass gegeben“, SWF/HR 1972 – „Die Hausbewohner“, SDR 1975 – „Die Verwandtschaft“, SDR 1976 – „Der Anruf“, BR 1977 – „Das sprechende Bild“, SDR/HR 1979, Der HörVerlag, Stuttgart 1995 – „Die Bedrohung“, WDR/SWF 1981 – „Tom Courteys Zirkuswelt“, SDR/HR/NDR 1986, Der HörVerlag, München 1997 – „Der Mann im Käfig“, SDR/NDR 1994 – „Besichtigung eines Unglücks“, WDR/NDR/SWR 2001 Fernsehen (Auswahl): – „Der Tote bin ich“, ARD 1979 – „Der Kampfschwimmer“, ARD 1985 – „Kotte und Klara“, RB 1987 Sonntag, 28. August, 14 Uhr, Schlossgarten |
|