Arnold Stadler


   

„Dem Unglück mit Übermut begegnen. So könnte geradezu ein Paragraf des Stadlerschen Schreibgesetzes lauten“. Diese treffende Formulierung fand der Kritiker Peter Hamm in seiner Laudatio auf Arnold Stadler bei der Büchnerpreisverleihung 1999. Sie umfasst den immer spürbaren Schmerz am gesellschaftlichen Stand der Dinge, und mehr als das: auch den Schmerz, den ein Katholik in der sündigen Verfassung der Welt überhaupt erkennt. Zugleich gibt die glückliche Wendung Hamms auch die anarchische Lust Stadlers an den kuriosen Verstrickungen der menschlichen Gefühle wieder, den an Woody Allen erinnernden Humor, diesen Blick von schräg unten auf all das Starke und Starksein-Wollende, das uns Halt und Orientierung verspricht. Und nicht zuletzt ist in „Unglück und Übermut“ die äußerste Nähe dieser Befindlichkeiten, ja die teilweise Identität von Weltschmerz und Heiterkeit ausgedrückt.
Doch es dauerte eine ganze Weile, bis das Stadler’sche Schreiben bei einer größeren Öffentlichkeit ankam, bis der Stadler-Ton Gehör fand. Die Lektüre seiner autobiografisch inspirierten Romane „Ich war einmal“, „Mein Hund, meine Sau, mein Leben“ und „Feuerland“ machte erst nur Eingeweihte mit der ganz eigenen Stadler-Mischung aus Komik und Verzweiflung bekannt. Erst mit den Romanen „Der Tod und ich, wir zwei“ und „Ein hinreissender Schrotthändler“ zeichnete sich die furiose literarische Equilibristik aus Metaphysik und Groteske, Heimatkunde und düsterer Anthropologie, Religion und Erotik, Banalem und Erhabenem in einem fester umrissenen Bild ab.
Seitdem kennt man den Stadler-Sound in der deutschen Literatur, und die Leser warten auf Stadlers neue Texte wie auf eine heitere Gabe, ein literarisches Geschenk, das, selbst bei bierernsten Skeptikern, zunächst einmal Leselust bedeutet.
Der 1954 im Heidegger-Ort Meßkirch geborene Arnold Stadler liest aus seinem neuen Roman „Sehnsucht. Versuch über das erste Mal“. Der Erzähler reist aus Berlin in die norddeutsche Provinz, und die Führung der Reise wird immer stärker von Erinnerung und Sehnsucht übernommen – Erinnerung an und Sehnsucht nach Liebe versteht sich. Die Liebe ist auch im Stadler’schen „Hinterland des Schmerzes“ zu Hause – dort erst recht. (H.W.)

 

 

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Kein Herz und keine Seele. Man muss es singen können“, Gedichte, Erker-Verlag, St. Gallen 1986
– „Ich war einmal“, Roman, Residenz, Salzburg 1989
– „Feuerland“, Roman, Residenz, Salzburg 1992
– „Mein Hund, meine Sau, mein Leben“, Roman, Residenz, Salzburg 1994
– „Warum toben die Heiden und andere Psalmen“, Residenz, Salzburg 1995
– „Gedichte aufs Land“, mit Offsetlithografien von Hildegard Pütz, Eremiten-Presse, Düsseldorf 1995
– „Der Tod und ich, wir zwei“, Residenz, Salzburg 1996
– „Johann Peter Hebbels Unvergänglichkeit“, Mayer, Berlin/Stuttgart 1997
– „Ausflug nach Afrika. Eine Wintergeschichte“, Edition Isele, Eggingen 1997
– „Volubilis oder Meine Reisen ans Ende der Welt“, Erzählungen, Edition Isele, Eggingen 1999
– „Ein hinreissender Schrotthändler“, Roman, DuMont, Köln 1999, Taschenbuch Goldmann, München 2001
– „Die Menschen lügen. Alle. Und andere Psalmen“, Insel, Frankfurt a.M. 1999
– „Erbarmen mit dem Seziermesser“, Essays, DuMont, Köln 2000
– „Tohuwabohu. Heiliges und Profanes, gelesen und wiedergelesen von Arnold Stadler nach dem 11. September 2001“, Anthologie, DuMont, Köln, August 2002
– „Sehnsucht. Versuch über das erste Mal“, Roman, DuMont, Köln, August 2002

Termin:
– Samstag, 31. August 2002, 16.00, Schlossgarten

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