Klaus Modick |
Foto: Peter Peitsch |
Ein Thema des diesjährigen Erlanger Poetenfestes
ist die Unterscheidung zwischen populärer und anspruchsvoller Literatur,
zwischen Unterhaltung und Ernst, zwischen schöner und erhabener oder,
um es in alter Schillerscher Terminologie zu sagen: zwischen naiver
und sentimentalischer Dichtung. Einer, dem diese Frage als Kritiker und
Verehrer Walter Benjamins geläufig ist, ist der Erzähler Klaus
Modick. Der im niedersächsischen Oldenburg lebende Autor Klaus Modick, der auch Literatur aus dem Englischen übersetzt, hat indes seit vielen Jahren immer wieder das Kunststück fertig gebracht, kontinuierlich auf hohem Niveau unterhaltsam zu schreiben. Seine Romane sind vielschichtig, geprägt von komplexen Motivverarbeitungen und literarischen Anspielungen, aber an der Oberfläche immer süffig und, wie man sagt, gut zu lesen. Mit solcher Haltung hat man es im Land der immer wieder beschworenen, heiklen Trennung zwischen E- und U-Kultur nicht leicht. Dabei ist Modick seit seinen ersten Romanen, z.B. dem umfangreichen Das Grau der Karolinen, erkennbar von typisch postmodernen Fragen besessen. Seine Helden arbeiten in der Regel an der Rekonstruktion eines Zusammenhangs, der sich dem Zugriff zugleich immer stärker entzieht. Ob es sich um ein Bild, ein verlorenes Manuskript, eine historische Erfahrung oder eine Erinnerung handelt immer entblättern sich im Verlauf der Erzählung neue Schichten, die ihrerseits anderes verbergen. So auch in Modicks ineinander verschränktem Familien- und Seefahrer-Roman Der Mann im Mast, wo eine alte Ballade den Erzähler zu einer Geschichte animiert, die reale Gegenwart und imaginäre Vergangenheit kurzschließt. Oder in seiner Weihnachtsgeschichte Vierundzwanzig Türen, wo ein Adventskalender die Struktur sowohl der Familiengeschichte wie der rekonstruierten Nachkriegs-Kriminalgeschichte vorgibt. Das literarische Mittel, mit dem das Spiel im Spiel inszeniert wird, ist in immer stärkerem Maße der Humor. Modicks Texte werden umso leichter, je genauer sie konstruiert sind. Die Kunstfertigkeit, die hinter diesem so schwer zu machenden Leichten steht, wird immer deutlicher. Der 46-jährige gebildete Romancier, Essayist und Literaturkritiker Klaus Modick wird aus seinem neuen Roman September Song lesen, in dem eine nahezu alltägliche Familiengeschichte in eine nachgerade antik-klassische Tragödiensituation hineinmanövriert wird und mit leichter Hand auch wieder hinaus. In unserem postmodernen Alltag ist die Gefühlskatastrophe eher eine Turbulenz, der Farce näher als der Tragödie. Und im Übrigen: Was passt zum beginnenden September besser als ein September Song. (H.W.)
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