Thomas Lang |
Foto: Sabine Fiausch |
Moritz Than ist wohl der rätselhafteste Fremdling, der je in der
deutschen Gegenwartsliteratur aufgetaucht ist. Wer ihm in sein Refugium
folgt, auf eine namenlose Insel in einem bayerischen See, riskiert es,
sich in einem kalt funkelnden Labyrinth zu verirren. Moritz Than ist stumm,
traumatisiert nach einem Unfall in einem Filmstudio, verlassen von seiner
Freundin, eingebunkert in ein feindseliges Schweigen, gejagt von den Furien
der Erinnerung. Von dem Moment an, wo der Romanheld den festen Boden der
Insel betritt, wird dem Leser der Boden unter den Füßen hinweg
gezogen. Denn diese unheimliche Idyllen-Welt der Insel ist von Geheimnissen
umweht. Der See ist voller Opferblut, sagt hier ein Postbeamter.
Seit die ersten Menschen hier siedeln, müssen sie einen Blutzoll
zahlen. Tatsächlich scheinen die Bewohner der Insel auf rätselhafte
Weise mit dem Tod verbündet. In dieser Welt aus Eis, Kälte und
Erstarrung versucht sich der stumme, isolierte Rekonvaleszent den Zumutungen
der Existenz auszusetzen. Fatalistisch, monoton und lakonisch registriert
er die Menschen und die Ereignisse in seiner Umgebung. Ein Junge ist auf
der Insel ermordet worden, ein Mädchen beinahe im See ertrunken.
Eines Nachts wird der Fremdling zusammengeschlagen, sein Kopf in eisiges
Wasser getaucht. Oder legt sich Than selbst als totes Kind
unters Eis des zugefrorenen Sees? Allmählich beginnen Wahn und Wirklichkeit
ineinander überzugehen, und Than beginnt sich in schizophrener Selbstentzweiung
als Jäger und Gejagter zu halluzinieren. Man weiß nicht mehr,
wer hier spricht: das Opfer der eigenen Halluzinationen, ein Mann im Fieberdelirium,
ein verzweifelt Isolierter?
|
||
Veröffentlichung:
|
|||
Termin: |