Norbert Kron


   

Der 1965 in München geborene Journalist, Filmemacher, Zeitschriften-Gründer und -Herausgeber („Konzepte“) Norbert Kron ist einer jener Debütanten, die längst keine mehr sind. Sie haben bereits enorm viel mit, um und in Literatur gemacht, sie haben in so vielen journalistischen und literarischen Zusammenhängen gearbeitet, dass viele Leser schon ein Profil des Autors gewonnen haben, bevor er seinen ersten Roman vorlegt.
Aber dieser ist dann doch meist das einschneidende Ereignis. Und erst recht, wenn er so professionell komponiert und fesselnd erzählt ist wie der des heute in Berlin lebenden Autors Norbert Kron mit dem Titel „Autopilot“. Kron erzählt darin das Leben eines besessenen Medienarbeiters, der alle Imperative der schönen neuen Medienwelt verinnerlicht hat und doch zu klug ist, um sich im schieren Funktionieren aufgehen zu lassen.
Doch bekanntlich sind die Auswege aus den medialen Konstruktionen unserer Wirklichkeit immer nur Partizipationen an anderen medialen Systemen. Deshalb blühen in der zeitgenössischen Literatur auch die Gewaltphantasien als ultimative Befreiungsschläge. Auch Norbert Krons Held Michael Lindbergh, Erfinder neuer Fernseh-Talkformate, spielt mit Gedanke und Tat des Medienattentats. Zumal er in eine Krise des perfekten Selbstbildes geraten ist – wegen Unfruchtbarkeit, also genetischer Fortpflanzungsunfähigkeit.
Doch dem Gewaltakt als Option steht noch etwas anderes gegenüber: Das Rätsel eines Mannes, der vom Medienhype seiner Umgebung gar nicht erfasst wird, obwohl er selbst als Talk-Master fungiert. Da ist die Familie und die Treue und die Beständigkeit ... oder ist da noch etwas anders?
Dem begeisterten Don DeLillo Leser Norbert Kron, der seit langem am Verhältnis von Literatur und Politik interessiert ist, gelingt es in „Autopilot“, sozial- und medienanalytische Befunde in spannende Haltung und überzeugende Charakterzeichnungen zu übertragen. Ein kluger und gut lesbarer Debüt-Roman – „von überraschender Reife!“ würde man in der Weinsprache sagen. (H.W.)

 

 

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Das Medium schlägt zurück. Bausteine einer neuen Theorie politischer Literatur“, zus. mit Norbert Niemann und Jürgen Scharrer, in: „Konzepte“, 1993
– „Der Mann im Turm“, in: „ndl“, 1/2000
– „Berlin Films Stills“, in: „Manuskripte“, 150/2000
– „Die seltsame Tätigkeit des Schriftstellers. Interview mit Michel Houellebecq“, in: „Sprache im technischen Zeitalter“, 157/2001
– „Rechtsradikalismus, Mediengesellschaft und Literatur“, in: „Akzente“, 3/2001
– „Autopilot“, Roman, Hanser, München 2002
Fernsehen:
– Zahlreiche Fernsehbeiträge, u.a. für Kulturreport (ARD), Kulturzeit (3sat), Ticket (SFB), Metropolis (arte) sowie Fernsehfeatures

 

 

Termin:
– Freitag, 30. August 2002, 19.00, Markgrafentheater, Oberes Foyer, Podiumsdiskussion "Trash oder Transzendenz"
– Sonntag, 1. September 2002, 16.30, Schlossgarten

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