37. Erlanger Poetenfest — 24. bis 27. August 2017
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Ulrich Koch

Ulrich Kochs Gedichte führen uns auf die erdabgewandte Seite der Geschichte – hin zur kleinen Welt der Buswartehäuschen, Pendlerzüge, Vorgärten, Turnhallen, Baggerseen und zum „Nachtlicht der Telefonzelle in der leeren Ortsmitte“. In dieser fast menschenleeren Provinz haben „die Züge Körpertemperatur und riechen wie Krankenzimmer“. Das Ich dieser Gedichte ist von einem melancholischen Weltgefühl erfasst und aus Momenten der Selbstbegegnung entstehen Bilder der Verstörung. Plötzlich tut sich ein Riss auf in der Welt und die Protagonisten der Gedichte taumeln ins Unheimliche. „Das Schreiben“, hat Ulrich Koch in seiner Dankrede zum Hugo-Ball-Förderpreis 2011 gesagt, „ist ein einsamer Animismus“. Diesen „einsamen Animismus“, diese überaus kluge Kunst der Belebung einer gefährdeten Existenz durch Poesie betreibt Koch seit über zwanzig Jahren, seit 1995 sein erstes Gedichtbuch „Weiß ich“ erschien. Die in seinen Gedichten thematisierten Fahrten mit dem Überlandbus („Ich im Bus im Bauch des Wals“, 2015) sind kein bloßes Akzidens eines Dichterlebens, sondern sind verbunden mit dem Brotberuf des Dichters, der als Geschäftsführer einer Zeitarbeitsfirma tätig ist und dabei sehr oft Pendlerfahrten von seinem Heimatdorf Radenbeck östlich von Lüneburg zu absolvieren hat. In seinem neuen kunstvollen Gedichtbuch „Selbst in hoher Auflösung“ hat Koch auch „elementare Gedichte“ veröffentlicht. „Elementare Gedichte“, weil sie nicht nur die Grundstoffe des Lebens umkreisen, die „Essenzen“ im naturphilosophischen Sinne, also Erde, Wasser, Feuer und Luft, sondern auch die beglückenden Energien des Gedichts: „Dieses Gedicht beschäftigt weltweit zwei Menschen. / Sein Tätigkeitsfeld umfasst fossile Energien, / strategische Punkte, Freihandelszonen und Küsse. / Unter dem Blütenteppich aus Schwimmwesten / taucht es apnoisch hindurch, / bis es ein Eisloch findet / und ausatmet.“ (M. B.)

Auszeichnungen u. a.: Förderpreis des Stuttgarter Schriftstellerhauses (2007), Hugo-Ball-Förderpreis (2011).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Weiß ich“, Gedichte, Residenz, Salzburg 1995
– „Auf mir, auf dir“, Gedichte, Residenz, Salzburg 1998
– „Der Tag verging wie eine Nacht ohne Schlaf“, Gedichte, Lyrikedition 2000, München 2008
– „Lang ist ein kurzes Wort“, Gedichte, Lyrikedition 2000, München 2009
– „Bleibe“, Gedichte, Verlag im Proberaum 3, Klingenberg 2009
– „Uhren zogen mich auf“, Gedichte, Poetenladen, Leipzig 2012
– „Elementare Gedichte“, Carl Walter Kottnik, Hamburg 2014
– „Selbstgespräch mit niemand. Gedichte aus zwei Jahrzehnten“, Lyrikedition 2000, München 2014
– „Ich im Bus im Bauch des Wals“, Gedichte, edition AZUR, Dresden 2015
– „Selbst in hoher Auflösung“, Gedichte, Jung und Jung, Salzburg, September 2017

Do, 24.8., 20 Uhr, Markgrafentheater und Sa, 26.8., 17:30 Uhr, Schlossgarten

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