37. Erlanger Poetenfest — 24. bis 27. August 2017
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Oswald Egger

„Denn ein Schriftsteller ist wohl nur ein Sprachbegeisterter?“, hat der Frühromantiker Friedrich von Hardenberg alias Novalis einmal gefragt. Für das poetische Werk des 1963 in Lana, Südtirol, geborenen Dichters und Sprachmystikers Oswald Egger trifft diese Wesensbestimmung des Schriftstellers in hohem Maße zu. Seine Texte arbeiten nicht mit den konventionellen Metaphoriken und Bildlogiken der Poesie, sondern entfalten sich als ein fein gewirktes Gewebe aus zaubrisch geflochtenen Wort-Aggregationen. Zugelassen sind nur Wörter von faszinierender Klanggestalt, naturmagisch aufgeladene Vokabeln, erfindungsreiche Wortschatz-Hebungen, die der Autor in feierlich-flüsternder, virtuos-lautmalerischer, kryptisch-zungenrednerischer Diktion vorträgt. „Wieviel Erde braucht die Rede?“, fragte schon Eggers erster Gedichtband „Die Erde der Rede“ (1993), der in wesentlichen Teilen in lateinischer Sprache abgefasst ist und damit seine eigenen Traditionslinien zieht – zu Horaz‘ „carmina“ und den historisch versunkenen Formen römischer Dichtkunst. Schon vor diesem lyrischen Debüt war Egger als Spiritus Rector der Kulturtage Lana in Erscheinung getreten, die er einmal im Jahr in ein Mekka für die sprachexperimentellen Dichter und Wortmystiker Europas verwandelte. Einige Jahre gab er hier die Zeitschrift „Der Prokurist“ heraus, die in einer ihrer gelungensten Ausgaben die poetische Grundsatzfrage stellte „Was Sprache ist“. Mittlerweile lebt der vielfach ausgezeichnete Dichter auf der Raketenstation Hombroich und ist seit 2011 Inhaber der Professur „Sprache und Gestalt“ an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Seine jüngeren Werke, das opulente Gedichtbuch „Die ganze Zeit“ (2010), und auch das jüngste Opus, die poetische Schöpfungsgeschichte „Val di Non“, sind poetische Gesamtkunstwerke, in denen sich das Egger-sche Textgeflecht mit zarten Illus­trationen, surrealen Zeichnungen und diversen Einschüben und Annotationen verbindet. (M. B.)

Auszeichnungen u. a.: Mondseer Lyrikpreis (1999), Clemens-Brentano-Preis (2000), Christine-Lavant-Förderpreis (2001), Lyrikpreis Meran (2002), Christian-Wagner-Preis (2006), Peter-Huchel-Preis (2007), H. C. Artmann-Preis (2008), Karl-Sczuka-Preis (2010, 2013), Oskar-Pastior-Preis, Preis der Stiftung Buchkunst (2010), Stipendium Villa Massimo, Rom, Outstanding Artist Award für Literatur (2014).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Die Erde der Rede“, Gedichte, Kleinheinrich, Münster 1993
– „Gleich und Gleich“, Ed. Howeg, Zürich 1995
– „Blaubarts Treue“, Stücke, Ed. Howeg, Zürich 1997 – „Herde der Rede. Poem“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1999
– „Nichts, das ist“, Gedichte, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2001
– „-broich. Homotopien eines Gedichts“, Ed. Korrespondenzen, Wien 2003
– „Wortvorsätze“, Ed. Howeg, Zürich 2004
– „Prosa, Proserpina, Prosa“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2005
– „Tag und Nacht sind zwei Jahre“, Kalendergedichte, Keicher, Warmbronn 2006
– „nihilum album“, Lieder und Gedichte, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2007
– „Lustrationen. Vom poetischen Tun“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2008
– „Diskrete Stetigkeit. Poesie und Mathematik“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2008
– „Die ganze Zeit“, Gedichte, Suhrkamp, Berlin 2010
– „Euer Lenz“, Prosa, Suhrkamp, Berlin 2013
– „Was nicht gesagt ist. Berliner Rede zur Poesie“, Wallstein, Göttingen 2016
– „Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse“, Matthes & Seitz, Berlin 2017
– „Val di Non“, Suhrkamp, Berlin 2017

Sa, 26.8., 16 Uhr, Schlossgarten

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