Veranstaltung
Die Erinnerung ist eine läufige Hündin
Birgit Weyhe: Madgermanes
Lesung und Gespräch mit Clemens Heydenreich
Ende der 70er-Jahre kamen 20.000 Vertragsarbeiter aus Mosambik ins sozialistische Bruderland DDR, um nach abgeschlossener Ausbildung zum Aufbau eines sozialistischen Mosambiks beitragen zu können. Die Realität sah jedoch anders aus, denn nach dem Zusammenbruch der DDR erlosch ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis und die Madgermanes – eine Wortschöpfung aus „Verrückte Deutsche“ und „Made in Germany“ – mussten zurückkehren in eine unsichere Zukunft und ein von Bürgerkrieg und Armut verwüstetes und zerstörtes Mutterland, wo ihnen ihre Berufe nichts nützten und sie bis heute auf einen Teil ihrer Löhne warten. Birgit Weyhe, selbst in Uganda und Kenia aufgewachsen, recherchiert diese kaum bekannte Fußnote deutsch-mosambikanischer Geschichte, indem sie mit Betroffenen gesprochen hat und diese selbst zu Wort kommen lässt.
Ihr beim 17. Internationalen Comic-Salon 2016 mit dem Max und Moritz-Preis als Bester deutschsprachiger Comic ausgezeichnetes Buch erlaubt mit ebenso einfühlsamem wie präzisem Auge den Blick auf ein Leben zwischen den Kulturen ohne jede Verankerung. Erinnerungen und Momente gelebten Lebens werden zu einer Art gezeichneter Dokumentation im Stil eines Tagebuchs verdichtet … erscheinen wie in einem Brief nach Hause, in eine weit entfernte Welt. Angereichert mit allegorischen Motiven und einer Bild- und Erzählsprache, die auch selbst die Grenzen zwischen afrikanischer und europäischer Kultur verschwimmen lässt, eröffnet Weyhe eine überraschend neue, kunstvolle Reflexionsebene und das Thema und seine grafische Inszenierung verschmelzen auf eindrucksvolle Weise.
Birgit Weyhe: Madgermanes. avant-verlag. Berlin, Mai 2016
siehe auch » Ausstellung: Birgit Weyhe – Madgermanes
Samstag, 27. August, 22:00 Uhr, Theater in der Garage
Eintritt: 9,00 / erm. 7,50 Euro