Olga Grjasnowa
Rasanter, sprunghafter und multikultureller dürfte wohl seit Jahren kein deutscher Debütroman mehr gewesen sein als Olga Grjasnowas 2012 erschienener Überraschungserfolg „Der Russe ist einer der Birken liebt“. Der Kritiker Elmar Krekeler lobte in „Die Welt“ die Geschichte der Aserbaidschanerin Mascha, die als russisch-jüdisches Flüchtlingsmädchen in Deutschland Asyl findet, aus ihrer Sprachlosigkeit heraus fünf Sprachen lernt und vor lauter Schicksalsschlägen verzweifelt nach Israel flieht mit den Worten: „Hier kommt die Welt zu Ihnen, wie sie noch nie zu Ihnen gekommen ist in einem Roman. Mit Macht, mit Witz, mit Weisheit, mit Scharfsicht und Scharfsinn, mit Tempo und Trauer“. Der rastlose Roman über Identifikationsprobleme im Postnationalismus ist bei aller Fiktion von den biografischen Erfahrungen der jungen Autorin geprägt. 1984 im aserbaidschanischen Baku geboren, kam Olga Grjasnowa als Elfjährige ohne jegliche Deutschkenntnisse zusammen mit ihren Eltern als Flüchtling nach Frankfurt. 2005 machte sie ihr Abitur, studierte Kunstgeschichte und Slawistik und absolvierte, da sie sich schon als Kind für das Schreiben von Geschichte interessierte, ein Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Stipendien führten sie nach Polen, Russland, Israel und in den Kaukasus. In Erlangen stellt die Autorin ihren druckfrischen zweiten Roman „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ vor. Auch hier geht es um vielfach gebrochene Identitäten und Nationalitäten junger Migranten. Die temporeiche Dreiecksgeschichte um die lesbische Balletttänzerin Lydia, ihren Ehemann Altay, einen schwulen Psychiater, und die jüdische Bohemekünstlerin Jonoun führt von Berlin bis nach Baku, wo Gefängnis und Folter lauern. (D. K.)
Auszeichnungen u. a.: Grenzgängerstipendium der Robert Bosch Stiftung (2011), Klaus-Michael Kühne-Preis, Hermann-Lenz-Stipendium, Anna Seghers-Preis (2012), Arbeitsstipendium für Schriftsteller der Kulturverwaltung des Berliner Senats (2014).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, Roman, Hanser, München 2012
– „Die juristische Unschärfe einer Ehe“, Roman, Hanser, München, August 2014
Sa, 30.8., 14 Uhr, Orangerie und 18:30 Uhr, Schlossgarten