34. Erlanger Poetenfest — 28. bis 31. August 2014
Nebenpodium im Schlossgarten. Moritz Rinke im Gespräch mit Verena Auffermann – Foto: Erich Malter, 2006

Veranstaltung


Das aktuelle Podium: 1914 – 2014. Über die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg
Gesprächsrunde mit Thomas Brechenmacher (Historiker), Jürgen Busche (Publizist und Autor), Jörg Friedrich (Historiker) und Michael Kleeberg (Schriftsteller); Moderation: Florian Felix Weyh, Lesung: Markus Hoffmann

Friedrich Nietzsche hat das Dilemma unübertrefflich zugespitzt: „Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben – sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich – gibt das Gedächtnis nach.“
Individuelle Erinnerung ist nie objektiv. Kollektive Erinnerung auch nicht; schon gar nicht, wenn Schamfragen und Schuldzuweisungen eine Rolle spielen. Und dass es nach 100 Jahren keine Überlebenden mehr gibt, sondern nur noch überlieferte Zeugnisse aus der Zeit, hebelt das Verdikt Nietzsches keineswegs aus. Denn Stolz und Kränkung sind bleibende Artefakte jeder Geschichtsschreibung.
Seit einem Jahr kündigt sich auf dem Buchmarkt das Hundertjahrgedenken zum Ersten Weltkrieg an. Dicke Studien sind erschienen, Historiker streiten über die Kriegsschuldfrage, Originalbriefe und Tagebücher wecken Betroffenheit, Romane beschäftigen sich mit dem gigantischen Stoff. Alle zusammen betreiben sie Arbeit an der Erinnerungskultur. Über die unterschiedlichen Weisen der Erinnerung soll beim Aktuellen Podium gesprochen werden. Franzosen und Briten erinnern sich anders und an Anderes als die Deutschen. Die Deutschen erinnern, sagt der Historiker Jörg Friedrich, vieles überhaupt nicht. Gibt es Erinnerungsverbote? Unausgesprochene Leitlinien, was angemessene Erinnerung ist? Wie weit soll sich historische Überlieferung mit Interpretation der Geschichte vermählen?
Man könne nicht behaupten, schrieb der spätantike Kirchenvater Augustinus, es gebe drei Zeiten: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Richtiger müsse es heißen, es gebe drei Zeiten: Gegenwart des Vergangenen, Gegenwart des Gegenwärtigen und Gegenwart des Zukünftigen. Die Gegenwart des Vergangenen berühre stets die Gegenwart des Zukünftigen – genau deswegen sollte man nicht nur historische Bücher zum Ersten Weltkrieg lesen, sondern zugleich darüber nachdenken, was sie mit uns machen.
Florian Felix Weyh

Jörg Friedrich: 14/18. Der Weg nach Versailles. Propyläen. Berlin, Mai 2014

Samstag, 30. August, 12:00 Uhr, Markgrafentheater
Eintritt: 5,00 / erm. 3,50 Euro

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