33. Erlanger Poetenfest — 29. August bis 1. September 2013
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Peter Schneider

Was passiert, wenn man im Alter von siebzig Jahren auf unbekannte Seiten der eigenen Mutter stößt und sie kaum wiedererkennt? Dem Schriftsteller Peter Schneider ist es so ergangen, und er hat ein Buch darüber geschrieben: In „Die Lieben meiner Mutter“ rekonstruiert er ein bemerkenswertes Frauenleben und kommt auch sich selbst auf die Spur. Keine eindimensionale Familiengeschichte, sondern eine facettenreiche Fallstudie ist das Ergebnis. Aus alten Briefen in Sütterlin und eigenen Erinnerungen schält sich das Bild einer leidenschaftlichen Person heraus, die ungeachtet aller Konventionen eine Dreiecksbeziehung einging und sich vor allem nach einem sehnte: einer allumfassenden Liebe inmitten der Verheerungen des Zweiten Weltkriegs. Sie starb als Peter Schneider acht Jahre alt war. 1940 in Lübeck geboren, wuchs Schneider in Königsberg, Sachsen und dem bayerischen Grainau auf, bis die Familie nach Freiburg übersiedelte, wo Schneider Germanistik, Philosophie und Geschichte studierte. 1965 noch als Redenschreiber der SPD aktiv, avancierte er drei Jahre später zu einem der Wortführer der 68er-Bewegung. Man könnte ihn auch den Erfinder der „Toskana-Fraktion“ nennen, denn mit seiner Erzählung „Lenz“ (1973) brachte er die Italien-Sehnsucht seiner Generation auf den Punkt. Italien blieb für Peter Schneider ein vielfältiger Bezugspunkt, der sich auf seine schriftstellerische Arbeit niederschlug. Neben einer ganzen Reihe von Romanen und Erzählungen, wie „Der Mauerspringer“ (1982), „Paarungen“ (1992) und „Skylla“ (2005), legte Peter Schneider auch Essays und Reportagen vor und wurde in „Rebellion und Wahn“ (2008) zum kritischen Chronisten der Studentenbewegung. (M. A.)
Auszeichnungen u. a.: Stipendium Villa Massimo, Rom (1979), Arbeitsstipendium für Berliner Schriftsteller (1984), Fellow des Woodrow Wilson Center in Washington D. C. (1996/1997), Writer in Residence an der Georgetown University, Washington D. C. (2000, 2006), Schubart-Literaturpreis der Stadt Aalen (2009).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Ansprachen“, Reden, Notizen, Gedichte, Wagenbach, Berlin 1970
– „Lenz“, Erzählung, Rotbuch, Berlin 1973
– „... schon bist du ein Verfassungsfeind. Das unerwartete Anschwellen der Personalakte des Lehrers Kleff“, Erzählung, Rotbuch, Berlin 1975
– „Die Wette“, Erzählungen, Rotbuch, Berlin 1978
– „Der Mauerspringer“, Erzählung, Luchterhand, Neuwied 1982
– „Vati“, Erzählung, Luchterhand, Neuwied 1987
– „Deutsche Ängste“, Essays, Luchterhand, Neuwied 1988
– „Extreme Mittellage. Eine Reise durch das deutsche Nationalgefühl“, Rowohlt, Reinbek 1990
– „Paarungen“, Roman, Rowohlt, Berlin 1992
– „Vom Ende der Gewißheit“, Essays, Rowohlt, Berlin 1994
– „Eduards Heimkehr“, Roman, Rowohlt, Berlin 1999
– „Die Diktatur der Geschwindigkeit. Ausflüge, Zwischenrufe“, Rowohlt, Berlin 2000
– „Und wenn wir nur eine Stunde gewinnen“, Rowohlt, Berlin 2001
– „Das Fest der Missverständnisse“, Erzählungen, Rowohlt, Berlin 2003
– „Skylla“, Roman, Rowohlt, Berlin 2005
– „Rebellion und Wahn. Mein 68“, Erzählung, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008
– „Die Lieben meiner Mutter“, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013

Samstag, 31. August, 17 Uhr, Schlossgarten

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