33. Erlanger Poetenfest — 29. August bis 1. September 2013
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

« zurück

Monika Maron

Am Anfang scheint es eine Wahrnehmungsstörung zu sein: Ruth blickt am Morgen von Olgas Beerdigung in den Himmel und beobachtet, wie eine Wolke erst vorwärts und dann rückwärts zieht. Ihre Sehschwäche entpuppt sich als veränderter Zugang zur Wirklichkeit – auf einmal betrachtet die Heldin und Ich-Erzählerin in Monika Marons neuem Roman „Zwischenspiel“ ihr gesamtes Leben aus einem veränderten Blickwinkel und tritt in ein Zwiegespräch mit der eigenen Vergangenheit. Durch eine verkehrte Brille hatte sich auch die Protagonistin in „Animal triste“ (1996) bewusst eine Sehschwäche antrainiert, so wie sich sämtliche Heldinnen in Marons umfangreichem Werk vorgegebenen Deutungsmustern oder Lebensentwürfen verweigern. Monika Maron wurde 1941 geboren, wuchs in Westberlin auf, bis ihre Mutter den DDR-Innenminister Karl Maron heiratete und mit der Tochter Anfang der 50er-Jahre in den Ostteil übersiedelte. Nach ersten Berufserfahrungen als TV-Regieassistentin und Reporterin legte sie 1981 ihr aufsehenerregendes Debüt „Flugasche“ (1981) über die Journalistin Johanna Nadler vor, die mit ihrer Recherche über ein veraltetes Kraftwerk in Schwierigkeiten gerät. Der Roman konnte nur in der Bundesrepublik erscheinen, wohin Maron 1988 übersiedelte. Während „Stille Zeile sechs“ (1991) den SED-Staat mit seinen Verwerfungen in den Blick nahm, ging es in dem Generationenporträt „Pawels Briefe“ (1999) um die jüdischen Großeltern, die den unschuldigen Teil der furchtbaren deutschen Geschichte verkörperten. In Marons Romanen sind es immer wieder Einzelschicksale, die die Vielschichtigkeit historischer Umbrüche fassbar machen.
(M. A.)
Auszeichnungen u. a.: Irmgard-Heilmann-Literaturpreis (1990), Brüder-Grimm-Preis (1991), Kleist-Preis (1992), Roswitha-Preis, Solothurner Literaturpreis (1994), Friedrich-Hölderlin-Preis, Carl-Zuckmayer-Medaille (2003), Mainzer Stadtschreiberin, Deutscher Nationalpreis (2009), Humanismus-Preis (2010), Lessing-Preis (2011).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Flugasche“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1981
– „Das Missverständnis. Vier Erzählungen und ein Stück“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1982
– „Die Überläuferin“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1986
– „Trotzdem herzliche Grüße. Ein deutsch-deutscher Briefwechsel“, zus. mit J. von Westphalen, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1988
– „Stille Zeile sechs“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1991
– „Nach Maßgabe meiner Begreifungskraft. Essays und Artikel“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1993
– „Animal triste“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1996
– „Pawels Briefe. Eine Familiengeschichte“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1999
– „Berlin, Metropole“, Rowohlt, Berlin 1999
– „Quer über die Gleise. Essays, Artikel, Zwischenrufe“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2000
– „Herr Aurich“, Erzählung, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2001
– „Endmoränen“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2002
– „Geburtsort Berlin“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2003
– „Wie ich ein Buch nicht schreiben kann und es trotzdem versuche“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005
– „Ach Glück“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2007
– „Bitterfelder Bogen. Ein Bericht“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2009
– „Zwei Brüder. Gedanken zur Einheit 1989–2009“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2010
– „Zwischenspiel“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M., Oktober 2013

Sonntag, 1. September, 16:30 Uhr, Schlossgarten

« zurück