Michael Buselmeier
Der Lieblingsplatz des Schriftstellers Michael Buselmeier war bislang immer die Position am Rand, unversöhnt mit den Verhältnissen und eigensinnig auf die Konfrontation mit dem konformistischen Kulturbetrieb bedacht. Tatsächlich ist der 1938 geborene Buselmeier im Literaturbetrieb ein Fremdling geblieben, drei Jahrzehnte lang nur mäßig beachtet von den Matadoren des Feuilletons, ein „Abseitssteher voller Verachtung“, wie es sein einzelgängerisches Alter Ego, der Theaterenthusiast Moritz Schoppe, in seinem Erfolgsroman „Wunsiedel“ formuliert. Der Theaterroman „Wunsiedel“ war dann 2011 das Überraschungsbuch der Saison, er gelangte zur Verblüffung der literarischen Welt auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises.
Als 1978 Buselmeiers erste Gedichte erschienen, wollte man in diesem Autor einen linksradikal affizierten Alltagslyriker erkennen, einen ungebärdigen Heidelberger Aktivisten der 68er-Bewegung. Aber bereits der Titel seines ersten Gedichtbuchs verwies in seinem Beharrungstrotz auf ein konservatives Weltgefühl: „Nichts soll sich ändern“. Und auch in seinem Bekenntnisroman „Der Untergang von Heidelberg“ (1981) verbirgt sich hinter der Maske des schrillen Anarchisten ein romantischer Landschaftsmaler und Archäologe des Heimatgefühls.
Die sympathetische Aufrufung der Fronleichnamsprozession, die im „Untergang von Heidelberg“ eine zentrale Stelle einnimmt, verstörte 1981 die linke Leserschaft Buselmeiers. Auch im Kontext seines neuen und bislang leuchtkräftigsten Gedichtbuches „Dante deutsch“ (2012) taucht dieser katholische Ritus wieder auf, im Rahmen des Dante-Zyklus allerdings noch schwärmerischer und glühender. „Dante deutsch“ versammelt pathetisch stark aufgeladene Visionen von Höllenwanderungen und Paradies-Phantasmagorien, abgeleitet aus realgeschichtlichen Szenarien des Schreckens. Die strenge Form dieser Gedichte, die sich klassischer Reime und unregelmäßiger Metren bedienen, forciert ihren beschwörenden Gestus, der ganz in der Tradition von Dantes „Divina Commedia“ steht. (M. B.)
Auszeichnungen u. a.: Stipendium Künstlerhaus Edenkoben (1993), Thaddäus-Troll-Preis, (1995), Pfalzpreis für Literatur (2000), Richard Benz-Medaille der Stadt Heidelberg (2004), Ben-Witter-Preis (2010).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Nichts soll sich ändern“, Gedichte, Das Wunderhorn, Heidelberg 1978
– „Die Rückkehr der Schwäne. Neue Gedichte“, Das Wunderhorn, Heidelberg 1980
– „Der Untergang von Heidelberg“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1981
– „Radfahrt gegen Ende des Winters“, Gedichte, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1982
– „Monologe über das Glück. Kleine Prosa“, Rigodon, Essen 1984
– „Auf, auf, Lenau!“, Gedichte, Rigodon, Essen 1986
– „Schoppe. Ein Landroman“, Das Wunderhorn, Heidelberg 1989
– „Erdunter“, Gedichte, Das Wunderhorn, Heidelberg 1992
– „Spruchkammer“, Erzählungen, Das Wunderhorn, Heidelberg 1994
– „Ich rühm dich Heidelberg. Poem in sechs Gesängen“, Das Wunderhorn, Heidelberg 1996
– „Ode an die Sportler“, Gedichte, Das Wunderhorn, Heidelberg 1998
– „Erlebte Geschichte erzählt. Michael Buselmeier im Gespräch mit Raymond Klibansky, Hans-Georg Gadamer, Hans Bender u. a.“, 4 Bände, Das Wunderhorn, Heidelberg 2000–2011
– „Amsterdam, Leidseplein“, Das Wunderhorn, Heidelberg 2003
– „Der Knabe singts im Wunderhorn. Romantik heute“, Hrsg., Das Wunderhorn, Heidelberg 2006
– „Lichtaxt. Gedichte“, Das Wunderhorn, Heidelberg 2006
– „‚die aprikosenbäume gibt es‘. Zum Gedenken an Inger Christensen“, Hrsg., Das Wunderhorn, Heidelberg 2010
– „Wunsiedel. Theaterroman“, Das Wunderhorn, Heidelberg 2011
– „Dante deutsch“, Gedichte, Das Wunderhorn, Heidelberg, August 2012
Sonntag, 26. August, 17 Uhr, Schlossgarten