32. Erlanger Poetenfest — 23. bis 26. August 2012
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Dea Loher

Dea Loher versteht sich auf Katastrophen. In ihren Theaterstücken fertigt sie immer wieder eindrucksvolle Anamnesen gesellschaftlicher Verhältnisse an und zeigt anhand einzelner Schicksale, welche Ausprägungen Gewalt, Schuld und Verrat heute annehmen. Die 1964 in Traunstein geborene Dramatikerin legte 2005 mit „Hundskopf“ ihren ersten Erzählungsband vor. Im Frühjahr 2012 folgte der Roman „Bugatti taucht auf“. Am Ende wird ein alter Bugatti aus dem Lago Maggiore geborgen, aber zuvor kommen noch ganz andere Dinge ins Spiel. Den dunklen Kern des Romans bildet eine tatsächlich geschehene Gewalttat: Während des Tessiner Karnevals wurde 2008 ein 22-jähriger Festbesucher von einer Gruppe junger Männer grundlos angegriffen und zu Tode geprügelt. An dieses Wirklichkeitssubstrat knüpft Dea Loher Erzählfäden, die überzogene Hoffnungen und Träume, Enttäuschungen, Zwänge, Ausbrüche und Frustrationsunlust zum Gegenstand haben. Bruderneid, Sehnsucht und Wagemut grundieren zum Beispiel das fiktive Tagebuch des Bildhauers Rembrandt Bugatti, dem Bruder des legendären Rennwagenerfinders, mit dem Loher ihren Roman eröffnet. Rembrandt Bugatti, der die Kühlerfigur des tanzenden Elefanten entwarf, nahm sich 1916 einunddreißigjährig das Leben. In einem ausschließlich in indirekter Rede gehaltenen Textgewebe aus Zeugenaussagen und Verhörprotokollen scheint im zweiten Teil des Romans die Gewalttat auf, der Mord an Luca. Im dritten Teil entschließt sich der Schlosser Jori, als Antwort auf den Tod Lucas, das Autowrack zu bergen. Inmitten der Verheerungen wird dieses Unterfangen zu etwas Sinnstiftendem. (M. A.)
Auszeichnungen u. a.: Dramatikerpreis der Hamburger Volksbühne (1990), Preis der Frankfurter Autorenstiftung (1993), Mülheimer Dramatikerpreis (1998, 2008), Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis (2005), Bertolt-Brecht-Preis (2006), Berliner Literaturpreis, Marieluise-Fleißer-Preis (2009), Publikumspreis der Mülheimer Theatertage (2010), Preis des Deutschen Zentrums des Internationalen Theaterinstituts (2011).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Hundskopf“, Erzählungen, Wallstein, Göttingen 2005
– „Bugatti taucht auf“, Roman, Wallstein, Göttingen 2012
Theater (Auswahl):
– „Olgas Raum“, Verlag der Autoren, UA Ernst-Deutsch-Theater, Hamburg 1992
– „Leviathan“, Verlag der Autoren, UA Staatstheater Hannover, 1993
– „Fremdes Haus“, Verlag der Autoren, UA Staatstheater Hannover, 1995
– „Blaubart – Hoffnung der Frauen“, Verlag der Autoren, UA Bayerisches Staatsschauspiel, München 1997
– „Manhattan Medea“, Verlag der Autoren, UA Steirischer Herbst / Orpheum, Graz 1999
– „Klaras Verhältnisse“, Verlag der Autoren, UA Burgtheater Wien, 2000
– „Der dritte Sektor“, Verlag der Autoren, UA Thalia Theater Hamburg, 2001 – „Unschuld“, Verlag der Autoren, UA Thalia Theater Hamburg, 2003
– „Das Leben auf der Praça Roosevelt“, Verlag der Autoren, UA Thalia Theater Hamburg, 2004
– „Quixote in der Stadt“, Verlag der Autoren, UA Thalia Theater Hamburg, 2005 – „Diebe“, Verlag der Autoren, UA Deutsches Theater Berlin, 2010

Samstag, 25. August, 17:30 Uhr, Schlossgarten

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