32. Erlanger Poetenfest — 23. bis 26. August 2012
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

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Kerstin Preiwuß

„heut ging ich meinem dämon hin / ich ging zu ihm und bat ihn um / ich fasste in sein gesicht / es bewegte ihn nicht // ich ging zurück / immer zu ihm immer zu ihm …“. Kerstin Preiwuß, die 1980 am östlichen Rand Mecklenburgs geboren wurde und aufwuchs in Rostock und an „den bewaldeten Seen zwischen Templin und Plau“, hat in ihrer Poesie eine Affinität zu Nachtmahren, Geistern und Unheilsboten. Am Ausgangspunkt ihres neuen Gedichtbandes „Rede“ stehen nun eine Begegnung des lyrischen Ich mit dem Tod und der Versuch, aus dem Moment wortloser Erschütterung herauszutreten und den Tod ins lyrische Sprechen aufzunehmen. Bevor sie die Bühne der Literatur betrat, hat Kerstin Preiwuß Germanistik, Philosophie und Psychologie in Leipzig und Aix-en-Provence studiert. Danach absolvierte sie ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2006 erschien ihr Lyrikdebüt „Nachricht von neuen Sternen“. Seit 2010 ist sie Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift „EDIT“. „Ich erfuhr“, schrieb Kerstin Preiwuß in einem Essay, „dass der Tod jede Sprache beendet und dass vor diesem Hintergrund die Sprache eine Gewalttat ist.“ In den zwölf Kapiteln ihres Bandes „Rede“ umkreist sie nun die tiefgreifende Erschütterung und Veränderung eines Ich, das sich seiner selbst nur mehr vergewissern kann in diversen Maskeraden und Verwandlungsritualen. In jedem Kapitel versucht sich die Ich-Figur gleichsam selbst neu durchzubuchstabieren: Das beginnt mit der Markierung des Ich durch einen „mittelstreifen auf der schädeldecke“. In den folgenden Kapiteln sind es immer wieder einzelne vokabuläre Keimzellen, die metaphorisch variiert werden und das Gedicht in eine eigentümliche Schwebe bringen: die Metaphorik der Zunge zwischen „gletscherzunge“ und „knisterndem hymen“, die Liebes- und Körpergeschichte zwischen Josephine und Kali, schließlich die Figurationen einer Ich-Entgrenzung. Was in diesem Buch verstört und bezaubert, sind die Bilder der Häutung und schmerzhaften Verwandlung, in denen sich die Protagonistin spiegelt: „heut wird gehäutet / sagen die leut …“. (M. B.)
Auszeichnungen u. a.: Hermann-Lenz-Stipendium (2008), Aufenthaltsstipendium des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Gunnarshús, Reykjavík (2009), Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds (2010), Stipendium des Künstlerhauses Edenkoben (2011).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Nachricht von neuen Sternen“, Gedichte, Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 2006
– „Rede“, Gedichte, Suhrkamp, Berlin 2012

Samstag, 25. August, 16 Uhr, Schlossgarten

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