Albert Ostermaier
Der 1967 in München geborene Albert Ostermaier spielt auf unterschiedlichsten Positionen. Ins Stadion der deutschen Literatur läuft er mal als Lyriker, mal als Dramatiker und – wenn es die Kondition zulässt (je älter man wird, umso sicherer fühlt man sich auf den längeren Strecken) – auch als Erzähler ein. Der glühende FC Bayern-Fan publiziert Gedichte, Stücke und Prosa. Kaum ein Jahr, in dem er nicht einen Pokal erhält. Im vergangenen Jahr war es der Bertolt-Brecht-Preis der Stadt Augsburg. In diesem Jahr ... ja, warten wir ab, denn sein neuer, bislang bester, von der Kritik hochgelobter Roman ist ja erst seit dem Frühsommer auf dem Markt.
„Schwarze Sonne scheine“ erzählt die Geschichte von einem jungen Mann, der unbedingt Schriftsteller werden will. Von einem Jura-Studenten und ehemaligen Klosterschüler, der von seinem Mentor und väterlichen Freund, einem katholischen Mönch, und einer mit ihm unter einer Decke steckenden Virologin erfährt, dass er wegen einer tödlichen Viruserkrankung nur noch ein halbes Jahr leben wird. Dass sich hinter dem Ich-Erzähler der Autor selbst und hinter dem Mönch mit dem Buchnamen Silvester ein real existierender Abt – Notker Wolf nämlich, höchster Repräsentant des Benediktinerordens weltweit – verbergen soll, ging zwar in die Schlagzeilen des Boulevards ein, gab aber bei der Rezeption des Romans gottlob nicht den Ton an.
Der Roman spielt Anfang der 90er-Jahre, die deutsche Einheit steht auf der Tagesordnung, der zweite Golfkrieg, die „Operation Wüstensturm“. Ein neuer Anti-Amerikanismus kommt auf, Israel wird angegriffen. Der Erzähler flucht: „Diese Friedensantisemiten widerten mich an, diese Feldzugfanatiker, diese Fernsehbilder widerten mich an, ich widerte mich an, diese Wiedervereinigung widerte mich an, die abgeblühten Landschaften, es kam zusammen, was zusammengehört. Es gehörte alles zusammen.“
„Schwarze Sonne scheine“ liest sich als aufrüttelndes und nachdenklich stimmendes Zeugnis einer verunsicherten Generation. Einer Generation, die den großen Kick im Stadion und bei Partys verspürt. Und manchmal noch in einer barocken niederbayerischen Kirche. Die Schauplätze der großen Geschichte lassen sie eher kalt. Aber das ist auch der Grund, dass Albert Ostermaier – wie auch seine Arbeiten für das Theater zeigen – zu den wenigen Künstlern seiner Generation gehört, die etwas wagen, die etwas zu sagen haben, die eine Mission im Kopf haben. Ein starker Roman. (H. St.)
Auszeichnungen u. a.: Münchner Literaturstipendium (1990), Liechtenstein-Preis (1995), Ernst-Toller-Preis (1997), Übersetzerpreis des Goethe-Instituts (1998), Ernst-Hoferichter-Preis, Autorenpreis des Heidelberger Stückemarktes (2000), Writer in Residence an der New York University (2001), Kleist-Preis (2003), Bertolt-Brecht-Preis (2010).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Scherbenmorgen“, Prosa, in: „Erste Einsichten“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1990
– „Herz Vers Sagen“, Gedichte, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1995
– „fremdkörper hautnah“, Gedichte, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1997
– „Heartcore“, Gedichte, mit Audio-CD, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1999
– „Autokino“, Gedichte, mit Audio-CD, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2001
– „Solarplexus“, Gedichte, mit Audio-CD, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2004
– „Der Torwart ist immer dort, wo es weh tut“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2006
– „Polar“, Gedichte, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2006
– „Für den Anfang der Nacht. Liebesgedichte“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2007
– „Zephyr“, Roman, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2008
– „Wer sehen will. Gedichte zu den Fotografien von Pietro Donzelli“, Insel, Frankfurt a. M. 2008
– „Fußball ist unser Lieben. Neue Geschichten der Autorennationalmannschaft“, Hrsg. zus. mit N. Kron, K. C. Zehrer u. a., Suhrkamp, Berlin 2011
– „Schwarze Sonne scheine“, Roman, Suhrkamp, Berlin 2011
Theater (Auswahl):
– „The Making Of“, Suhrkamp, UA Cuvilliés-Theater, München 1999
– „Radio Noir“, Suhrkamp, UA Nationaltheater Mannheim, 1998
– „Death valley junction”, Suhrkamp, UA Deutsches Schauspielhaus, Hamburg 2000
– „Erreger“, Suhrkamp, UA Staatstheater Hannover, 2000
– „Es ist Zeit. Abriss“, Suhrkamp, UA Schauspielhaus Bochum, 2001
– „Letzter Aufruf“, Suhrkamp, UA Burgtheater Wien, 2002
– „99 Grad“, Suhrkamp, UA Kammerspiele München, 2002
– „Vatersprache“, Suhrkamp, UA Ruhrtriennale, Essen 2002
– „Katakomben“, Suhrkamp, UA Schauspiel Frankfurt, 2003
– „Auf Sand“, Suhrkamp, UA Thalia Theater, Hamburg 2003
– „Nach den Klippen“, Suhrkamp, UA Burgtheater Wien, 2005
– „Ersatzbank“, UA Salzburger Festspiele, 2006
– „Fratzen“, Suhrkamp, UA Nationaltheater Mannheim, 2009
– „Blaue Spiegel“, Suhrkamp, UA Berliner Ensemble, 2009
– „Sing für mich, Tod. Ein Ritual. Für Claude Vivier“, UA Ruhrtriennale, Gladbeck 2009
– „Leila und Madschnun“, UA Ruhrtriennale, Bochum 2010
– „Aufstand“, UA Ruhrfestspiele Recklinghausen, 2011
Donnerstag, 25. August, 20:00 Uhr, Markgrafentheater und
Samstag, 27. August, 15:30 Uhr, Schlossgarten
Website:
www.albert-ostermaier.com