31. Erlanger Poetenfest — 25. bis 28. August 2011
Bilderbuch-Lesewiese im Schlossgarten – Foto: Erich Malter, 2007

« zurück

Judith Schalansky

Die 31-jährige Greifswalderin Judith Schalansky hat einen herzzerreißend komischen und herzzerreißend tragischen „Bildungsroman“ geschrieben. Hauptperson des Romans ist die Biologielehrerin Inge Lohmark. Sie unterrichtet an der Schule einer kleinen ostdeutschen Stadt, ist selbst Ostdeutsche und der Osten sitzt in den Gedanken ihrer Kollegen und in ihrem eigenen Kopf. Sie hatte in ihrem bisherigen Leben viel zu ertragen, den „Kriegsknick und den Pillenknick“ und Wolfgang, ihren Mann, der keine bemerkenswerte Rolle spielt, denn er ist mit der Aufzucht von Straußen beschäftigt. Die Tochter ist erwachsen und lässt sich selten blicken. Inge Lohmark ist keine besonders sympathische Frau. Zu ihren Schülern ist sie sehr streng. Sie spricht zu ihnen in knappen Sätzen. „Setzen“, sagt Inge Lohmark, „und die Klasse setzte sich.“ So beginnt das Buch und jeder Leser fühlt sich an die eigene Schulzeit erinnert und übt innerlich den widerspenstigen Gehorsam. Inge Lohmark macht sich keine Illusionen über das Leben. Als Naturwissenschaftlerin meint sie, darüber bestens Bescheid zu wissen und hält sich an Darwins „survival of the fittest“. Wer wie sie ohne Illusionen ist, hat ein schweres Los. Judith Schalansky gelingt ein präzises und erbarmungsloses Porträt einer einzelgängerischen Frau, die oft falsch liegt, aber oft auch richtig.
Judith Schalansky studierte Kunstgeschichte und Kommunikationsdesign und hat das auffallend schöne Buch selbst gestaltet. Schon ihr „Atlas der abgelegenen Inseln“ wurde 2009 mit dem 1. Preis der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet.
„Der Hals der Giraffe“ ist ein herausragendes Buch des Herbstes. Eine Schulgeschichte (gibt es gar nicht so oft), eine Ost-Geschichte (gibt es oft, aber diese ist besonders gelungen in der lakonischen Provokation und Präzision). Kurz – ein Buch wie selten. (V. A.)
Auszeichnungen u. a.: Stipendium Villa Aurora, Los Angeles (2009), 1. Preis der Stiftung Buchkunst (2009), Stipendium Künstlerhaus Lukas Ahrenshoop (2010).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Fraktur mon amour“, Kompendium mit CD-Rom, Hermann Schmidt, Mainz 2006
– „Blau steht dir nicht. Matrosenroman“, mare, Hamburg 2008
– „Atlas der abgelegenen Inseln. Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde“, mare, Hamburg 2010
– „Der Hals der Giraffe. Bildungsroman“, Suhrkamp, Berlin, September 2011

Samstag, 27. August, 18:00 Uhr, Schlossgarten und
20:30 Uhr, Schloss, Senatssaal (1. OG)

« zurück