Veranstaltung
Ursula März: Fast schon kriminell
Lesung und Gespräch mit Dirk Kruse
Oft ist es nur ein kleiner Moment, der den Alltag plötzlich aus dem Gleis springen lässt. Wie bei dem unscheinbaren Sparkassenangestellten Edgar Dietz, der eines Freitagnachmittags einfach so mit 3,2 Millionen Euro davongeht. Oder wie bei dem Sozialhilfeempfänger Bernd Mühlborn, der herausfindet wie man bei Versandkaufhäusern Waren bestellen kann, ohne sie bezahlen zu müssen. Oder wie bei der übel malträtierten Bärbel Hefter, die ihren tyrannischen Ehemann ins Jenseits befördern will und dabei einen dummen Fehler macht. Die in Berlin lebende Kritikerin und Autorin Ursula März, die eine leidenschaftliche Besucherin von Amtsgerichtsprozessen ist, erzählt von großen und kleinen Verbrechen, von kaltblütigen Betrügern und ungeschickten Mördern. Es sind vom wahren Leben inspirierte Geschichten über menschliche Ausnahmesituationen – voller Empathie, tragikomischem Witz und literarischer Kraft. Denn anders als Ferdinand von Schirach, der in seinen Bestsellern die dunkelsten Abgründe der menschlichen Natur beschreibt, geht es Ursula März mehr um eine Darstellung der alltäglichen „comédie humaine“. Wer die Erzählungen von den Fehltritten dieser überwiegend kleinen Leute liest, die in der Literatur ja eher selten Handlungsträger sind, wird mehr über unsere Gesellschaft des frühen 21. Jahrhunderts erfahren, als aus einem ganzen Schwung soziologischer Sachbücher. Und unterhaltsamer ist die Lektüre von „Fast schon kriminell“ sowieso, da Ursula März den schwierigen Spagat zwischen mitfühlendem Ernstnehmen und spöttischer Distanz virtuos beherrscht. Feinsinnige Geschichten aus dem demokratisch-preußischen Amtsgericht von heute.
Dirk Kruse
Ursula März: Fast schon kriminell. Geschichten aus dem Alltag. Carl Hanser Verlag. München, 29. Aug 2011
Samstag, 27. August, 16:00 Uhr, Schloss, Senatssaal (1. OG)
Eintritt frei!