
Hommage an Gertrude Stein – Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung
Preisverleihung an Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht
Lesungen und Gespräche, Musik: Susie Asado, Laudatio: Benedikt Ledebur, Moderation: Michael Braun
„entfalten ist der unterschied, differenz sprüht“ (Barbara Köhler)
„weil man welt im satz nur / probeweis zusammenstellt“ (Ulf Stolterfoht)
„Gertrude Steins sinnoffene Poesie lässt zahlreiche Lesarten zu. Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht nehmen unterschiedliche Perspektiven auf die von ihnen übersetzten Texte ein, die sich gegenseitig ergänzen und in einem dialogischen Verhältnis zueinander stehen.“ So die Jury zur Verleihung des „Erlanger Literaturpreises für Poesie als Übersetzung“ in diesem Jahr an Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht. Der Dialog der Preisträger wird zur Eröffnung des 29. Erlanger Poetenfests fortgesetzt – im Rahmen einer literarisch-musikalischen Hommage an Gertrude Stein. Passend zum literarischen Programm werden Lieder nach Texten von Gertrude Stein des amerikanischen Komponisten Virgil Thomson und neue Vertonungen der Künstlerin Susie Asado aufgeführt.
Zum dritten Mal vergibt die Kulturstiftung Erlangen in diesem Jahr den „Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung“. Die Jury würdigt diesmal die Übersetzungen von Gertrude Steins „Tender Buttons – Zarte knöpft“ (Barbara Köhler, 2004) und „Winning His Way – wie man seine art gewinnt“ (Ulf Stolterfoht, 2005). Beide Schriftsteller hatten ihre Gertrude Stein-Übersetzungen in den letzten Jahren schon während der Erlanger Übersetzerwerkstatt vorgestellt:
„Tender Buttons“ („Zarte knöpft“) von 1914 ist einer der bekanntesten und am schwierigsten zu übersetzenden Texte von Gertrude Stein. Die kubistischen Prosaminiaturen widersetzen sich dem herkömmlichen Bedeutungspostulat. Barbara Köhler übersetzt die sinnliche Bewegung der Sprache, in der Klänge, Rhythmen und Bedeutungen frei flottieren. Indem sie das Bedeutungsspektrum der Wörter entfaltet, erweitert sie die vielfältigen Möglichkeiten der poetischen Sprache.
Gertrude Steins Erzählgedicht über Dichtung „Winning His Way“ („wie man seine art gewinnt“) von 1931 steht formal zwischen den Prosastücken „Tender Buttons“ und den „Stanzas in Meditation“. Gertrude Stein macht die Wörter zu ihrem eigenen Gegenstand. Sie schreibt Wörter über Wörter, die eine Welt aus Sprache erzeugen. Die Übersetzung von Ulf Stolterfoht ist eine Reflexion über die Verdinglichung der Sprache und die Entstehung einer rein poetischen Welt im Gedicht.
„Susie Asado“ ist der Titel eines der Lieder, für die Gertrude Stein – neben den Libretti für zwei Opern – den Text geschrieben hat. Susie Asado ist auch der Künstlername der Dichterin und Songwriterin Josepha Conrad, die als Sängerin der Band „Crazy for Jane“ und aus Uli M. Schueppels Dokumentarfilm „Berlin Song“ bekannt ist. Sie zupft auf einer kleinen Gitarre oder Ukulele und singt dabei ganz viele Worte. Manchmal scheint es, als ob sie gar nicht singt, sondern als ob die Worte perkussiv aus ihr herausschnellen wie Bälle aus einer Ballmaschine.
Der „Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung“ hat sich seit 2005 bereits zu einem Markstein in der deutschen Literaturlandschaft entwickelt und das Bewusstsein dafür geschärft, wie sehr gerade Übersetzungen die deutschsprachige Gegenwartsliteratur bereichern.
Adrian La Salvia
Donnerstag, 27. August, 20:00 Uhr, Markgrafentheater
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