Ulrike Kolb

1942 in Saarbrücken geboren, wurde bekannt durch suggestive Romane, die in unserer jüngsten Zeitgeschichte verortet sind. Ihr neuer Roman „Yoram“ widmet sich der Liebe eines deutsch-jüdischen Paares, Carla und Yoram. Sie Deutsche, er Israeli, sie ist Erzieherin, er Architekt. Kennengelernt haben sie sich in Israel, eine schöne, unbeschwerte große Liebe, bald mit einer kleinen Tochter. Ulrike Kolb beschreibt in langsamen Schritten, wie die deutsche Geschichte, repräsentiert durch Carlas Vater, leidenschaftlicher Arzt, und durch Aliza, Yorams Mutter, in diese Beziehung eindringt und ein „Lebenszustand“ wird. Zentraler Punkt ist das Verschweigen. In Carlas Familie wurde die Rolle verschwiegen, die Carlas Vater als Feldarzt in Hitlers Wehrmacht in Polen ausgeübt hat, in Yorams Familie wurden die Brutalitäten verschwiegen, die Yorams Familie durch die Nazis erlitten hat. Aber nicht nur das Verschweigen, sondern auch das Reden sind die neuralgischen Punkte dieses als großer Liebesroman angelegten Buches, jedes Gespräch unter Freunden birgt die Gefahr des Missverständnisses. Yoram flüchtet sich in die Arbeit. Als Architekt möchte er die Sonne in die sonnenlosen Häuser bringen. 40 Jahre nach dem Krieg zwängt sich Hitler-Deutschland zwischen das Paar, und es fehlt ihnen die Sprache, die Schuld der Vergangenheit anzuerkennen und mit ihr zu leben, denn es gab „kein Wort, das zutraf“. Ulrike Kolb stellt Vered, die Tochter, zwischen das Paar. In einem Epilog berichtet Vered von sich, ihren Gedanken, ihrer Sicht. Ein verzweifelter Bericht über die Unmöglichkeit einer großen Liebe. (V. A.)
Auszeichnung u. a.: Preis des Landes Kärnten beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb (1995).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Die Rabe“, Erzählung, Tende, Münster 1984
– „Idas Idee“, Roman, Tende, Münster 1985
– „Schönes Leben“, Roman, Kiepenheuer & Witsch, Köln 1990
– „Eine Liebe zu ihrer Zeit“, Erzählung, Rowohlt, Reinbek 1995
– „Roman ohne Held“, Klett-Cotta, Stuttgart 1996
– „Frühstück mit Max“, Roman, Klett-Cotta, Stuttgart 2000
– „Diese eine Nacht“, Roman, Klett-Cotta, Stuttgart 2003
– „Yoram“, Roman, Wallstein, Göttingen, August 2009


Samstag, 29. August, 14 Uhr, Nebenpodium I (bei unsicherem Wetter: Schloss, Senatssaal, 1. OG) und 15:30 Uhr, Schlossgarten

 

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