Monika Rinck

Wer über ein „Begriffsstudio“ gebietet, der kann riesige poetische Sprachvorräte anlegen. Monika Rinck, die vielseitig begabte Dichterin und Essayistin, führt seit 1997 ein Wörter- und Traum-Tagebuch mit mittlerweile über 2.400 Eintragungen (www.begriffsstudio.de), das alltägliche Vokabel-Funde, Theoriebruchstücke und Sprachassoziationen auswertet – ein riesiger Fundus, aus dem die Autorin auch Anregungen für die eigenen Gedichte gewinnt. „Mein Denken“, so heißt es in einem ihrer Gedichte, „war eine abgeweidete Wiese mit Buckeln“. Dieses „bucklige Gefühl“ – so definiert sie es in ihrem Essayband „Ah, das Love-Ding!“ – meint die unerschöpfliche Neugier auf immer neue Denkfiguren aus der Psychoanalyse und der französischen Philosophie, die zu einer Poetik des Begehrens zusammengeführt werden sollen.
Nach einem Studium der Religionswissenschaft und vergleichenden Literaturwissenschaft in Bochum, Berlin und Yale hatte sich die 1969 in Zweibrücken geborene Monika Rinck in ihrer akademischen Abschlussarbeit mit den Motiven der „Unio Mystica“ beim mittelalterlichen Mystiker Meister Eckart und bei Robert Musil beschäftigt. Ihre drei Gedichtbände „Verzückte Distanzen“ (2004), „zum fernbleiben der umarmung“ (2007) und „Helle Verwirrung“ (2009) zeugen von einer ungewöhnlichen Reflexions-Eleganz und poetischen Beweglichkeit, wie wir sie in der jungen Lyrik-Szene eher selten finden. Der Assoziationsdrang dieser Gedichte führt zu einem lässigen Switchen zwischen unterschiedlichsten Themen und Wissensfeldern, die dann in einer „mobilen Form“ poetisch verknüpft werden. Es ist ein unglaublich temporeicher, sinnlicher, von verblüffenden Assoziationen immer wieder belebter Dynamismus, der die „helle Verwirrung“ dieser Gedichte vorantreibt. (M. B.)
In der Erlanger Übersetzerwerkstatt spricht Monika Rinck über Psychoanalyse und Übersetzen. Verschiebung, Verdichtung und Umkehrung sind Zentralbegriffe der Freudschen Psychoanalyse. Der Begriff der Übersetzung ist hier von Anfang an virulent. Bilder werden übersetzt in Narration. Man begebe sich hierzu zurück an die Orte ihres ersten Auftretens. Stumme Symptome, nachdrückliche, aber entstellte Bilder – sie zu heilen, heißt sie zu deuten. Ist das, was der Psychoanalyse die Seele ist, für die Übersetzung eine kaum weniger schwer fassbare Substanz: der Sinn? Zurück ins Hypnose-Labor, an die Stätten der Übertragung, in die translation-trance. (A. LS.)
Auszeichnungen u. a.: Stipendium der Stiftung Niedersachsen (2003), Förderpreis zum Georg-K.-Glaser-Preis (2004), Förderpreis zum Hans-Erich-Nossack-Preis, Literaturstipendium Lana (2006), Förderpreis zum Heimrad-Bäcker-Preis, Alfred-Gruber-Preis, Ernst-Meister-Preis für Lyrik (2008), Arno-Reinfrank-Literaturpreis (2009).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Neues von der Phasenfront. Gegenstand: unproduktive Phasen. Theorie-comic“, b_books, Berlin 1998
– „Begriffstudio 1996–2001“, ed. sutstein, Berlin 2001
– „Verzückte Distanzen“, Gedichte, zu Klampen!, Springe 2004
– „fumbling with matches. Herumfingern an Gleichgesinnten“, SuKuLTuR, Berlin 2005
– „Ah, das Love-Ding! Ein Essay“, KOOKbooks, Idstein/Berlin 2006
– „zum fernbleiben der umarmung“, Gedichte, KOOKbooks, Idstein/Berlin 2007
– „Helle Verwirrung / Rincks Ding- und Tierleben“, Gedichte / Texte und Zeichnungen, KOOKbooks, Idstein/Berlin 2009
Übersetzungen (Auswahl):
– Sandor Tatár: „Endlichkeit mit bittrem Trost“, Gedichte, zus. mit O. Kalasz, A. Bostroem, G. Deicke, et al., pernobis ed., Berlin 2006
– Janós Térey: „A Nibelung-Lakópark – Nibelungen Wohnpark“ , zus. mit O. Kalasz, für das Internationale Theaterinstitut, Berlin 2006/2007
– István Kemény: „Nützliche Ruinen. Célszerű romok. 23 Gedichte deutsch ungarisch“, zus. mit O. Kalasz, G. Falkner und S. Popp, Gutleut, Frankfurt a. M./Weimar 2007
– Janós Térey: „KaltWasserKult“, Gedichte, zus. mit O. Kalasz, Merz & Solitude, Stuttgart 2007
– „Schwerkraft. Junge amerikanische Lyrik“, zus. mit N. Kobus, S. Popp, J. V. Röhnert, S. Scho, J. Wagner, R. Winkler und U. Wolf, Jung und Jung, Salzburg 2007


Freitag, 28. August, 15 Uhr, Markgrafentheater, Bühnenhaus und Samstag, 29. August, 17 Uhr, Schlossgarten

 

Website:
www.begriffsstudio.de

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