Heinrich Steinfest Ob man Heinrich Steinfest einen Postmodernen nennen darf? Er schreibt Kriminalromane. Aber er dekonstruiert sie auch. Manche Leser unterstellen ihm, dass er das Genre längst verlassen hätte. Er sieht das anders. Allerdings bewegt er sich im Genre so frei wie ein nervöser Fisch. Die Grenzen zieht höchstens die Absurdität einer Welt, deren Fortexistenz man dadurch garantieren muss, dass man Gruppen von Affenfiguren in bestimmten Anordnungen an bestimmten Orten aufstellt. So war es in Steinfests letztem Roman „Mariaschwarz“ zu lesen. In seinem brandneuen Buch „Gewitter über Pluto“ gibt es ebenso merkwürdige Versuchsanordnungen, wenn ein ehemaliger Pornodarsteller und amtierender Strickwarenladenbesitzer ein Darlehen genau am 14. Juli 2015 zurückzahlen soll. Kann er das nicht, muss er am selben Tag ein Leben retten. Und dann erreicht an diesem Datum auch noch die NASA-Sonde „New Horizons“ den Planeten Pluto. Da fühlt sich der Leser beinahe zurückversetzt in Steinfests Anfangsjahre, als er im Wiener Arachne Verlag Science-Fiction-Storys veröffentlichte. Das war zu Beginn der 1990er-Jahre. Damals agierte Steinfest als experimenteller Theatermacher und bildender Künstler in Wien. Er ist zwar als Kind ausgewanderter Österreicher 1961 in Albury, Australien, geboren, doch weil es seiner Mutter in der Fremde nicht gefiel, ist die Familie bald nach Wien zurückgekehrt. Kurz vor der Matura ist Steinfest aus dem Gymnasium ausgestiegen. Er war der Ansicht, ein Künstler brauche kein Abitur. Seinen Lebensunterhalt hat er stattdessen mit Arbeiten in einer Verpackungsfirma, am Bau und als Kinderbetreuer verdient. 1996 erschien sein erster Kriminalroman „Das Ein-Mann-Komplott“. Inzwischen ist er seiner Frau nach Stuttgart gefolgt. Dort denkt, malt und schreibt er. (H. H.)Auszeichnungen u. a.: Würth-Literatur-Preis (1999, zus. mit M. Hammerschmitt und I. Hierdeis), Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg (2000), Deutscher Krimi Preis (2004, 2006, 2008, 2009). Veröffentlichungen (Auswahl): – „Das Ein-Mann-Komplott. Ein Kriminalroman zwischen New York und Wien“, Arachne, Wien 1996 – „Cheng. Ein rabenschwarzer Roman“, Bastei-Lübbe, Bergisch Gladbach 1999 – „Tortengräber. Ein rabenschwarzer Roman“, Bastei-Lübbe, Bergisch Gladbach 2000 – „Der Mann, der den Flug der Kugel kreuzte“, Roman, Bastei-Lübbe, Bergisch Gladbach 2001 – „Ein sturer Hund“, Kriminalroman, Piper, München 2003 – „Nervöse Fische“, Kriminalroman, Piper, München 2004 – „Der Umfang der Hölle“, Kriminalroman, Piper, München 2005 – „Ein dickes Fell“, Kriminalroman, Piper, München 2006 – „Die feine Nase der Lilli Steinbeck“, Kriminalroman, Piper, München 2007 – „Gebrauchsanweisung für Österreich“, Piper, München 2008 – „Mariaschwarz“, Kriminalroman, Piper, München 2008 – „Gewitter über Pluto“, Roman, Piper, München, September 2009 Samstag, 29. August, 20 Uhr, Schloss, Senatssaal (1. OG) |
|
Copyright © 1984 —
Erlanger Poetenfest |