Rosemarie Tietze

Geboren 1944 in Oberkirch, studierte Theaterwissenschaft, Slawistik und Germanistik in Köln, Wien, München und Moskau. Sie übersetzt aus dem Russischen und leitet Fortbildungsseminare für Literaturübersetzer. In der Erlanger Übersetzerwerkstatt stellt Tietze ihre Neuübersetzung von Lew Tolstois „Anna Karenina“ vor. Lew Tolstoi schuf eine der berühmtesten Frauengestalten der Weltliteratur. „Tolstois künstlerisch schönstes Werk“, nannte Thomas Mann „Anna Karenina“. Die Tragödie einer Frau wird zum Porträt der russischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert. Rosemarie Tietze bezeichnet das literarische Übersetzen als ausübende und interpretierende Kunst. Sie hat dem Jahrhundertroman eine moderne Gestalt gegeben und ihn mit Nachwort und Kommentaren versehen. „Diese Prosa prunkt nicht. Es ist ein Erzählen in gelassenen epischen Dimensionen, in denen sich alles Individuelle entfalten kann. Doch es ist auch eine Prosa von gewaltiger Spannweite, die von extremen Widersprüchen und Konflikten handelt und das Leben in seiner leuchtenden sinnlichen Vielfalt sieht.“ (Dieter Wellershoff) Doch wie kann man ein Werk der Weltliteratur übersetzen, das in seiner knapp 120-jährigen Wirkungsgeschichte neunmal verfilmt und rund 20 Mal ins Deutsche übersetzt wurde? Wo ist da noch Raum für eine neue Interpretation? (A. LS.)
Auszeichnungen u. a.: Stuttgarter Literaturpreis (1990), Johann-Heinrich-Voss-Preis (1995), Münchner Übersetzerpreis (2003), Zuger Übersetzer-Stipendium (2005), Brücke Berlin-Preis, zus. mit A. Bitow (2008).

Übersetzungen (Auswahl):
– Fjodor M. Dostojewskij: „Der Großinquisitor“, dtv, München 1981
– Sofja Andrejewna Tolstoja: „Tagebücher 1869–1897“, zus. mit J. R. Döring-Smirnov, Athenäum, Königsstein 1982
– Sofja Andrejewna Tolstoja: „Tagebücher 1898–1910“, zus. mit J. R. Döring-Smirnov, Athenäum, Königsstein 1988
– Boris Pasternak / Olga Freudenberg: „Briefwechsel 1910–1954“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1986
– Andrej Tarkovskij: „Opfer. Die Erzählung“, Schirmer/Mosel, München 1987
– Andrej Bitow: „Das Licht der Toten“, Luchterhand, München 1990
– Jewgeni Popow: „Das Herz des Patrioten“, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1991
– Andrej Bitow: „Mensch in Landschaft. Eine Pilgerfahrt“, Roman, Rowohlt, Berlin 1994
– Jewgeni Popow: „Wie es mit mir bergab ging“, Fischer TB, Frankfurt a. M. 1997
– Andrej Bitow: „Puschkins Hase“, Insel, Frankfurt a. M. 1999
– Andrej Bitow: „Armenische Lektionen. Eine Reise aus Rußland“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2002
– Andrej Bitow: „Georgisches Album. Auf der Suche nach Heimat“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2003
– Boris Schitkow: „Wiktor Wawitsch“, Roman, Hanser, München 2003
– Andrej Bitow: „Geschmack“, Novelle, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2004
– Andrej Bitow: „Das Puschkinhaus“, Roman, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2007
– Lew Tolstoi: „Anna Karenina”, Roman, Hanser, München, September 2009


Freitag, 28. August, 11 Uhr, Markgrafentheater, Bühnenhaus

 

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