Ilma Rakusa

Geboren 1946 in Rimavská Sobota (Slowakei) als Tochter eines slowenischen Vaters und einer ungarischen Mutter, verbrachte ihre frühe Kindheit in Budapest, Ljubljana und Triest. 1951 ließ sich die Familie in der Schweiz nieder. Ilma Rakusa studierte Slawistik und Romanistik in Zürich, Paris und Leningrad. 1971 promovierte sie zum Thema „Studien zum Motiv der Einsamkeit in der russischen Literatur“. Von 1971 bis 1977 war sie Assistentin am Slawischen Seminar der Universität Zürich, an der sie seit 1977 als Lehrbeauftragte wirkt. 2005 erhielt sie die Chamisso-Poetikdozentur der TU Dresden. Daneben ist sie als Übersetzerin aus dem Französischen, Russischen, Serbokroatischen und Ungarischen tätig. „Durch mein kleines Sprachbabylon hindurch meine ich die Welt schärfer wahrzunehmen“, sagt sie über die Erfahrung der Mehrsprachigkeit. In der Übersetzerwerkstatt widmet sich Ilma Rakusa der Frage, wie sich das Übersetzen zur eigenen Schreibpraxis verhält. Der Kunstanspruch, im Sinne einer ost(mittel)europäischen Tradition, besteht hier wie dort. „Mein genuines Interesse für sprachintensive Texte leitet mich auch beim Übersetzen.“ Doch wie funktioniert die Autor-Übersetzer-Osmose? Affinität ist kein notwendiges Kriterium einer gelungenen Übersetzung. Bisweilen überwiegt die Lust an der Maskierung, das neugierige Verlangen, in fremde Klang-Welten einzutauchen, der betörende Sound der „Lauterotik“ im Konzert der Stimmen. Wie kann der Autor-Übersetzer das innere Gemurmel, das Stimmengewirr in seinem Kopforchester ordnen? Wie färbt der eigene Personalstil auf die Übersetzung ab? Was passiert umgekehrt, wenn er unter den Einfluss der Übersetzung gerät? (A. LS.)
Auszeichnungen u. a.: Hieronymus-Ring des deutschen Übersetzerverbandes (1987), Petrarca-Übersetzerpreis (1991), Swiss Writer-in-residence Max Code Institute USC Los Angeles (1995), Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung (Anerkennungspreis), Schillerpreis der Zürcher Kantonalbank (1998), Pro Cultura Hungarica, Adelbert-von-Chamisso-Preis (2003), Chamisso-Poetikdozentur der TU Dresden (2005). Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.

Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Love after Love. Acht Abgesänge“, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2001
– „Von Ketzern und Klassikern. Streifzüge durch die russische Literatur“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2003
– „Langsamer! Gegen Atemlosigkeit, Akzeleration und andere Zumutungen“, Droschl, Salzburg 2005
– „Stille. Zeit.“, Essays, Tartin Editionen, Salzburg 2005
– „Durch Schnee. Erzählungen und Prosaminiaturen“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2006
– „Zur Sprache gehen. Dresdner Chamisso-Poetikvorlesungen“, Thelem, Dresden 2006
– „Garten, Züge. Eine Erzählung und zehn Gedichte“, Ed. Thanhäuser, Ottensheim 2006
Übersetzungen (Auswahl):
– Marina Zwetajewa: „Prosa“, zus. mit Felix Philipp Ingold, Benziger, Zürich 1973
– Alexej Remisow: „Der goldene Kaftan und andere russische Märchen“, Manesse, Zürich 1981
– Marguerite Duras: „Sommer 1980“, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1984
– Marguerite Duras: „Der Liebhaber“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1985, TB ebd. 1989
– Danilo Kiš: „Ein Grabmal für Boris Dawidowitsch. Sieben Kapitel ein und derselben Geschichte“, Hanser, München 1987
– Marina Zwetajewa: „Mutter und die Musik“, Autobiografische Prosa, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1987
– Danilo Kiš: „Sanduhr“, Roman, Hanser, München 1988
– Marguerite Duras: „Das tägliche Leben“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1988
– Marguerite Duras: „Im Sommer abends um halb elf“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1990
– Marina Zwetajewa: „Phoenix. Versdrama“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1990
– Danilo Kiš: „Der Heimatlose“, Erzählungen, Hanser, München 1996
– Alexej Remisow: „Die Geräusche der Stadt“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1996
– Imre Kertész: „Ich – ein anderer“, Roman, Rowohlt, Berlin 1998
– Marina Zwetajewa: „Ein Abend nicht von dieser Welt“, Prosa, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1999
– Danilo Kiš: „Die mechanischen Löwen“, Stücke, zus. mit Peter Urban, Hanser, München 2007


Freitag, 29.8., 14 Uhr, Markgrafentheater Bühnenhaus

 

Website:
www.ilmarakusa.info