Ein kleines Mädchen, das allein lebt, nur mit einem Äffchen und einem Pferd, stinkreich und superkräftig, notorische Schulverweigerin und rotzfrech zu allen Autoritäten? Als Pippi Langstrumpf 1945 das Licht der Welt erblickte, war das ein Angriff auf geltende Moral und herrschende Pädagogik. Aber gerade weil Pippi so unabhängig ist, wurde das Mädchen mit den roten Zöpfen eine Identifikationsfigur für viele Kinder. Wie viel Astrid Lindgren mit Pippi Langstrumpf für das Selbstbewusstsein der Kinder getan hat, ist eine der Fragen, die im Podiumsgespräch geklärt werden sollen. Anlässlich ihres 100. Geburtstages sollen Vita, Werk und vor allem Wirkung der – trotz Joanne K. Rowling – immer noch berühmtesten Kinderbuchautorin der Welt diskutiert werden. Denn noch heute werfen Kritiker Astrid Lindgren vor, sie hätte in ihren Büchern von Bullerbü bis Madita zu viel heile Welt beschrieben. Andere halten die Schwedin für eine eminent politische Autorin, die sich für ethisch-moralische Grundsätze eingesetzt hat. Ihr Roman „Die Brüder Löwenherz“, der erstmals in einem Kinderbuch das Sterben eines Geschwisters thematisierte, führte 1973 zu einer hitzigen Debatte im schwedischen Parlament darüber, ob das Buch den Selbstmord verherrliche. Auch ihre vielbeachtete Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels über die Rechte der Kinder mit dem Titel „Niemals Gewalt!“ sorgte für Aufsehen. Außerdem setzte Lindgren sich für den Tierschutz ein – ein Buch von ihr führte zu einem besseren Tierschutzgesetz in Schweden – und sorgte für eine Änderung des schwedischen Steuergesetzes. Es diskutieren Dr. Sybil Gräfin Schönfeldt (Autorin, Journalistin, Übersetzerin, Biografin und Freundin), Maren Gottschalk (Journalistin und Biografin) und Klaus Doderer (Gründer des weltweit ersten „Instituts für Jugendbuchforschung“ und Freund).
Dirk Kruse

Sonntag, 26. August, 15 Uhr, Orangerie im Schlossgarten