Tatsächlich leben wir in einer geschichtsvergessenen Zeit. Historisches Faktenwissen als Versicherung von Herkunft hat kaum Konjunktur. Doch diese Beobachtung zeigt einen Januskopf. Denn gleichzeitig erfreut sich Geschichte als Abenteuer größter Beliebtheit. Dickleibige historische Romane erzielen hohe Auflagen. Geschichtliche Doku-Soaps auf dem Bildschirm steigern die Einschaltquoten der Fernsehsender. Auch auf die Kinoleinwand ist der Historienfilm zurückgekehrt, Geschichte dient als Lesefutter und Augenschmaus. Zu diesem Phänomen gehört, dass einstige Epochen in all diesen Medien häufig als Kulissen für Romanzen oder Krimihandlungen aufgebaut werden. Die jüngste Mode ist die Geschichts-Mystery: Thriller um die ungelösten Geheimnisse der Vergangenheit. In den besseren Fällen liefern historische Romane und Filme aber unterhaltsamen Geschichtsunterricht oder kritisieren gar die Gegenwart im Mantel der Geschichte.
Kinobilder aus Antike und Mittelalter stimmen in das Thema ein. Drei sehr unterschiedliche Verfasser historischer Romane kommen in Lesungen zu Wort. Siegfried Obermeier (u.a. „Don Juan“) repräsentiert den „klassischen“ Stil der spannenden Rückblende in präzis recherchierte Epochen. Martina André („Die Gegenpäpstin“) ist eine Geheimnisträgerin der Geschichts-Mystery. Und Gerhard Seyfried („Herero“) bearbeitet in seinen Büchern die jüngere Zeitgeschichte. Selbstverständlich soll auch der Erfolg der TV-Serien zur Sprache kommen. Deshalb vertritt Anita Eichholz den Bayerischen Rundfunk bei einer Diskussion mit den Autoren, die den Mechanismen von Geschichtsverarbeitung als Gattung der Populärkultur nachspüren soll. Mit einem filmischen Besuch im römischen Kolosseum klingt die Nacht des historischen Romans aus.
Herbert Heinzelmann

Freitag, 24. August, 20 Uhr, Orangerie im Schlossgarten