Michael Lentz

Michael Lentz ist ein Multitalent, ein Dichter und Schriftsteller, ein Musiker und Performer, ein Wissenschaftler und Lehrender. Mit seinem Auftritt mit dem atemberaubenden Text „Muttersterben“ betrat er 2001 beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb die literarische Bühne. Sprache ist für den 1964 in Düren geborenen Rheinländer ein vielseitig einsetzbares Instrument. Als 2003 sein Roman „Liebeserklärung“ erschien, hatte Lentz den Ton für das Glück gefunden, der zur Liebe und was sie begleitet gehört. Sein umfassender neuer Roman „Pazifik Exil“ ist ein privates Geschichtsbuch. Michael Lentz begegnet den großen Gestalten des 20. Jahrhunderts, den Literaten und Dichtern, die vor dem Naziregime flüchten mussten und über Umwege nach Amerika in die Freiheit gelangten. Lentz interessiert sich für das, was niemand schreibt, er stellt sich vor, wie es wirklich war, wie der ängstliche, kränkelnde Franz Werfel während der Flucht aussah, was er gefühlt, wie er gelitten, und was für unglaubliches Zeug seine Frau Alma Mahler-Werfel über Hitler gesagt hat, und wie Bertolt Brecht die Menschen sah und besonders die Frauen, die ihm ergeben waren. Michael Lentz geht nicht schonend mit seinen Großen um, er zeigt ihre Schwächen, ihre Klatschsucht, ihren Neid, all die menschlichen Miesigkeiten. Thomas Mann spielt die bekannt arrogante selbstgefällige Rolle: T. M., „der Goethe Hollywoods“, Heinrich Mann ist der unterlegene Bruder mit der falschen Frau, die vom Bruder verachtet wird. B. Brecht verabscheut die Musik Richard Wagners, weil Wagner für Thomas Mann der Inbegriff von Musik ist. Arnold Schönberg kommt gut weg, Lentz hat ganz offensichtlich für den 12-Töner große Sympathien. Die klügsten Sätze legt er Katja Mann in den Mund: „Wir leben auf ein Ziel hin, und haben wir dieses Ziel erreicht, stellt sich keine Zufriedenheit ein, im Gegenteil, wir sind um eine Enttäuschung reicher.“ Pacific Palisades, einer der Prominenten-Orte um Los Angeles, lässt Michael Lentz Katja Mann sagen, sei der goldene Käfig, in dem man sich vorkam, wie „Ovid am Schwarzen Meer“. „Pazifik Exil“ ist ein Buch der erfundenen Monologe und Dialoge. Respektlos und furchtlos öffnet Michael Lentz den Heroen des Alten Europa den Mund, damit sie noch einmal mit- und vor allem übereinander sprechen, wie sie vielleicht gesprochen haben, wenn niemand dabei war und keine Gefahr bestand, dass es einer für die Nachwelt aufschrieb. Unterhaltsam, anschaulich, frech und manchmal sogar zärtlich. Michael Lentz hat die Großen vom „Olymp“ auf die Erde geholt. (V. A.)
Auszeichnungen u.a.: Literaturstipendium des Berliner Senats (LCB), Literaturförderungspreis des Freistaates Bayern (1999), Aufenthaltsstipendium Villa Aurora, Kalifornien, Ingeborg-Bachmann-Preis (2001), Hans-Erich-Nossack-Förderpreis des BDI (2002), Preis der Literaturhäuser (2005).

Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Neue Anagramme“, edition selene, Wien 1998, TB S. Fischer, Frankfurt a. M. 2003 – „Oder“, Prosa, edition selene, Wien 1998, TB S. Fischer, Frankfurt a.M. 2003 – „Es war einmal … Il était une fois …“, Erzählung, edition selene, Wien 2001 – „Muttersterben“, Erzählungen, S. Fischer, Frankfurt a.M. 2002, TB ebd. 2004, Audiobook DHV, München 2002 – „Aller Ding“, Gedichte, S. Fischer, Frankfurt a.M. 2003 – „Liebeserklärung“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a.M. 2003, TB ebd. 2005, Audiobook DHV, München 2003 – „Pazifik Exil“, Roman, S. Fischer, Frankfurt a.M., August 2007, Audio-CD Patmos, Düsseldorf, September 2007
Musik (Auswahl):
– „Sprechakte X/TREME“, CD, Verlag Der gesunde Menschenverstand, Luzern 2005

Samstag, 25. August, 17 Uhr, Schlossgarten