Dritte Erlanger Übersetzerwerkstatt
Offenes Arbeitstreffen mit Wolfgang Butt, Matthias Göritz, Barbara Köhler, Burkhart Kroeber, Oskar Pastior, Thomas Schestag, Erika Tophoven, Peter Urban, Ernest Wichner, Moderation: Adrian La Salvia

Ein übersetztes Buch ist wie eine Leiche, die von einem Autobus bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden ist. Thomas Bernhard

Zum Glück ist jede Übersetzung unvollkommen. Übersetzungen schaffen halbe Wahrheiten. Es gibt keine ganzen, nur die Hoffnung, die alle Übersetzer antreibt, dass die Übersetzung die bessere Hälfte des Originals sei. Deshalb treffen sich auch 2006 wieder neun führende Literaturübersetzer zur Erlanger Übersetzerwerkstatt.
Einige der in diesem Jahr eingeladenen Übersetzer und Autoren haben Literaturgeschichte geschrieben: allen voran Büchner-Preisträger Oskar Pastior. Er spricht über 43 verschiedene Arten, ein Gedicht von Charles Baudelaire anzupeilen. Ernest Wichner, Herausgeber der Pastior-Werkausgabe im Hanser-Verlag, präsentiert den Übersetzer Pastior von einer anderen Seite am Beispiel seiner Gellu Naum-Übersetzung (das 900 Seiten starke Buch erscheint Ende 2006 bei Urs Engeler Editor). Zu Gast in der Erlanger Übersetzerwerkstatt ist außerdem Peter Urban, zu dessen Chlebnikov-Übersetzung Pastior schon Anfang der siebziger Jahre einige Nachdichtungen beisteuerte, aus denen er in Erlangen lesen wird. Peter Urban ist einer der renommiertesten Übersetzer aus dem Russischen. Er hat u. a. die größte nichtrussische Čechov-Ausgabe übersetzt und herausgegeben, aber auch Autoren wie Daniil Charms, Velimir Chlebnikov und den serbischen Dichter Miodrag Pavlović in Deutschland eingeführt. Zum 100. Geburtstag von Samuel Beckett berichtet Erika Tophoven über ihre Erfahrungen als Beckett-Übersetzerin und Becketts Wanderjahre in Deutschland. „Trötentöne“ – Becketts Klingklangkurzgedichte – übersetzte Barbara Köhler, die in Erlangen Gertrude Steins Prosaminiaturen „Zarte knöpft“ vorstellen wird. Zum Porträt International mit Per Olov Enquist wird auch sein Übersetzer Wolfgang Butt nach Erlangen kommen. Matthias Göritz bringt amerikanische Westcoast-Lyrik nach Franken. Thomas Schestag dokumentiert ein aufgegebenes poetologisches Projekt aus dem Nachlass von Francis Ponge. Burkhart Kroeber ist seit „Der Name der Rose“ (1980, dt. 1982) die deutsche Stimme von Umberto Eco. Über seine Entscheidung, „Der Name der Rose“ zu übersetzen, sagt er: „Ich hatte eine unzähmbare Lust, ein fast sinnliches Verlangen danach, es zu tun.“
Unzähmbare, sinnliche Lust an der Sprache weckt auch die Dritte Erlanger Übersetzerwerkstatt 2006.
Adrian La Salvia

Zeitplan:
9.00 Uhr Matthias Göritz
10.00 Uhr Thomas Schestag
11.00 Uhr Barbara Köhler
12.00 Uhr Pause
13.00 Uhr Wolfgang Butt
14.00 Uhr Burkhart Kroeber
15.00 Uhr Erika Tophoven
16.00 Uhr Peter Urban
17.00 Uhr Oskar Pastior
18.00 Uhr Ernest Wichner



Eine Veranstaltung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Institut für Romanistik) und der Bundesakademie Wolfenbüttel in Zusammenarbeit mit dem Erlanger Poetenfest.

Pünktlich zur Dritten Erlanger Übersetzerwerkstatt erscheint die Anthologie „Halbe Sachen. Wolfenbütteler Übersetzergespräche IV–VI. Erlanger Übersetzerwerkstatt I–II“, Wolfenbütteler Akademie-Texte Band 24, Olaf Kutzmutz und Adrian La Salvia (Hrsg.), Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel, August 2006, 504 Seiten, 19,90 Euro.
Der Band dokumentiert Inhalte und Ergebnisse der Wolfenbütteler Übersetzergespräche und der Erlanger Übersetzerwerkstatt 2004–2006. Die 40 Beiträge bieten ein Panorama der Kunst der Übersetzung – von den „Erzählungen aus tausendundeiner Nacht“ bis Samuel Beckett.

Freitag, 25. August, 9–19 Uhr, Markgrafentheater Bühnenhaus - Eintritt frei!