Matthias Göritz

Matthias Göritz ist ein Großstadtpoet. Fast immer geht es bei ihm um Bewegungen, Spaziergänge, Bus- und Taxifahrten, die durch das Dickicht der Städte führen. Das sind zunächst einmal autobiografisch inspirierte Erkundungsgänge. Denn Göritz, 1969 in Hamburg geboren, hat nach seinem Studium der Philosophie und Literaturwissenschaften Metropolen wie Moskau, Paris, Chicago und New York bereist. Diese längeren Aufenthalte bilden die urbane Kulisse seiner Texte. Tag und Nacht, Schweiß und Regen, Straßen, Busse und Stiegenhäuser – in immer neuen Shortcuts flimmernder Urbanität ziehen Göritz´ Gedichte in sorgfältigen Schleifen („loops“ – so auch der Titel seines ersten Gedichtbands von 2001) die Spuren des Alltäglichen nach. Irgendwann versucht sein Ich innezuhalten, die Eindrücke aus dem urbanen Durcheinander der Metropole zu sammeln. Das Subjekt positioniert sich am Fenster, um die Impressionen zu ordnen und das Gedicht selbst zu einer betretbaren Landschaft zu machen. Matthias Göritz ist also ein Städtereisender, der mit der unruhigen Aufmerksamkeit eines Schlaflosen die urbanen Territorien erkundet. Bei seinen Reisen durch die USA kam der Autor, der derzeit in Frankfurt am Main lebt, auch mit vielen amerikanischen Dichtern in Kontakt, deren Werk er als Übersetzer auch dem deutschen Publikum nahe gebracht hat. Sein zweiter, in diesem Herbst erscheinender Gedichtband „pools“ knüpft im Titel nach Art eines Anagramms an sein lyrisches Debüt an. Die Gedichte in „pools“ kreisen um Liebe, Kindheit und Landschaft. „pools“ meint aber auch das Element, das zu einer Essenz des Dichterischen wurde: das Wasser. Wie das flüchtige, formlose Element Wasser, das einem zwischen den Fingern zerrinnt, wird auch Sprache im Gedicht nur angehalten, aufgefangen wie in einem – Pool. Von „loops“ zu „pools“: Wir werden durch „einen riesigen Wald von Korrespondenzen“ (so Göritz selbst) geführt; und man wird sehen, wie sich die Kindheitsmuster aus der norddeutschen Provinz zu den Erinnerungs-Schleifen der Gedichte in „pools“ verhalten. (M. B.) Neben seinen eigenen Lyrikbänden übertrug Matthias Göritz Gedichte aus dem Koreanischen, zurzeit übersetzt er zeitgenössische Westcoast-Lyrik. „Eine Übersetzung gelingt, wenn die Abschiede klar werden, die Verluste, da sich naturgemäß der neue Raum, das neue Zimmer, zunächst noch etwas knöchern und leer, eben unbelebt anfühlt. Dann aber, auf dem Weg zum Gelingen – fast bin ich versucht zu sagen: auf dem Weg zum Gedicht – gelangt etwas in ein neues Zuhause.“ (A. LS.)
Auszeichnungen u. a.: Literaturförderpreis der Stadt Hamburg (1994 und 2000), Writer-in-Residence am Bard College, New York (2000–2002), Arbeitsstipendium am Literarischen Colloquium Berlin (2002), Gastautor im International Writing Program (IWP) der University of Iowa (2003), Arbeitsstipendium am Goethe-Institut Rabat, Marokko (2004), Mara-Cassens-Preis, Bayern 2 Radio-Preis, Autoren-Förderungsprogramm der Stiftung Niedersachsen, Gast der Villa Aurora, LA (2006).

Veröffentlichungen (Auswahl): – „loops“, Gedichte, Droschl, Graz 2001 – „Der kurze Traum des Jakob Voss“, Roman, Berlin Verlag, Berlin 2005 – „pools“, Gedichte, Berlin Verlag, Berlin 2006
Übersetzungen (Auswahl): – Kwang-Kyu Kim: „Die Tiefe der Muschel“, Gedichte aus dem Koreanischen, Pendragon, Bielefeld 1999 – John Ashbery: „Mädchen auf der Flucht“, zus. mit Erwin Einziger, Durs Grünbein, Michael Krüger, Klaus Reichert und Joachim Sartorius, Hanser, München 2002 – Kim Chi-ha: „Blütenneid”, Gedichte aus dem Koreanischen, zus. mit Yang Han-ju, Wallstein, Göttingen 2005 – Yisang: „Mogelperspektive“, Gedichte aus dem Koreanischen, zus. mit Marion Eggert und Hanju Yang, Droschl, Graz 2005


Fr, 25.8., 9 Uhr, Markgrafentheater Bühnenhaus und Sa, 26.8., 14 Uhr Schlossgarten