Oskar Pastior Oskar Pastior wird 1927 in Hermannstadt im rumänischen Siebenbürgen. Nach vier Jahren Elementarschule besucht er bis 1944 das humanistisch orientierte Brukenthal-Gymnasium und wird nach dem Einmarsch der Roten Armee in Rumänien Anfang 1945 zur Aufbauarbeit in die Ukraine, in ein sowjetisches Arbeitslager im Donbas zwangsdeportiert. 1949 kehrt Pastior nach Hermannstadt zurück und verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, als Kistennagler, Bautechniker und in einer Sportartikelfabrik. Es folgen drei Jahre Militärdienst in einem Arbeitsdetachement, während dieser Zeit holt er im Fernstudium das Abitur nach und arbeitet anschließend weiter in einem Baubüro als Betontechniker. 1955 beginnt er ein fünfjähriges Studium der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Bukarest und arbeitet 1960–1968 als Redakteur beim Rumänischen Rundfunk für die Sendungen in deutscher Sprache im Inland. In dieser Zeit erscheinen sein erster Lyrikband „Offne Worte“ und die ebenfalls in deutscher Sprache publizierten „Gedichte“, die 1966 zu einem ersten größeren Erfolg geraten. 1968 reist er auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Literatur für einen dreiwöchigen Studienaufenthalt nach Wien und im Anschluss daran weiter nach Deutschland, wo er schließlich als Spätaussiedler aufgenommen wird. Seit 1957 hat Oskar Pastior ein umfangreiches lyrisches Werk geschaffen, das viele Übersetzungen beinhaltet (Urmuz, Tristan Tzara, Velimir Chlebnikov, Marin Sorescu, Gertrude Stein; im Herbst 2006 erscheint seine Übersetzung der sämtlichen Gedichte von Gellu Naum). Pastior nennt Übersetzungen: „Bälle, die mir zufliegen, die ich zurückgebe“. Häufig verwendet er dabei „die ganz normale Technik 1:1“. Doch strenggenommen gibt es kein Übersetzen: „Nur Konfrontation, Begegnung mit der Grenze, die Illusion des Kennens und Lernens – und wie ich sprachlich reagiere. Die Sprachen sind in mir inkompatibel gemengt, Wasser und Fett, eine Art Emulsion, bis zur Verseifung“. „Mein Chlebnikov“, „33 Gedichte“ (Petrarca), „Reread another. Nochmal den Text ein anderer“ (Stein) und „O du roher Jasmin“ (Baudelaire) sind keine Übersetzungen im herkömmlichen Sinn, sondern Intonationen, Kontaminationen, Portemanteaux, der Übersetzer ein Seifensieder, der sprachliche Ingredienzen zur Reaktion bringt. 43 verschiedene Möglichkeiten, das Gedicht „Harmonie du soir“ von Charles Baudelaire anzupeilen, stellt Oskar Pastior in Erlangen vor. (A. LS.)Auszeichnungen u. a.: Förderpreis des Andreas Gryphius-Preises (1969), Marburger Förderpreis für Literatur (1980), Ehrengast der Villa Massimo (1984), Preis für Europäische Poesie der Stadt Münster (1999), Walter Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen (2000), Peter Huchel-Preis, Preis der rumänischen Kulturstiftung und Ehrendoktor der Lucian Blaga-Universität Hermannstadt (2001), Erich Fried-Preis (2002), Georg Büchner-Preis (2006). Er ist Mitglied der „Werkstatt für Potentielle Literatur“, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt und der Akademie der Künste in Berlin. Veröffentlichungen (Auswahl): – „Vom Sichersten ins Tausendste“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1969 – „Gedichtgedichte“, Luchterhand, Darmstadt 1973 – „Wechselbalg. Gedichte 1977–1980“, Klaus Ramm, Spenge 1980 – „33 Gedichte“, zus. mit Francesco Petrarca, Hanser, München 1983 – „sonetburger. mit 3 x 14 zeichnungen des autors“, Rainer Verlag, Berlin 1983 – „Anagrammgedichte“, Klaus G. Renner, München 1985 – „Lesungen mit Tinnitus. Gedichte 1980–1985“, Hanser, München 1986 – „Jalousien aufgemacht. Ein Lesebuch“, Hanser, München 1987 – „Kopfnuß Januskopf. Gedichte in Palindromen“, Hanser, München 1990 – „Vokalisen & Gimpelstifte“, Hanser, München 1992 – „Eine kleine Kunstmaschine. 34 Sestinen“, Hanser, München 1994 – „Das Hören des Genitivs“, Gedichte, Hanser, München 1997 – „Villanella und Pantum“, Gedichte, Hanser, München 2000 – „ügel beg und ügel tal. Gedichte 1967–1997“, Album, CD-Audio, Urs Engeler Editor, Basel/Weil 2002 – „Jetzt kann man schreiben, was man will“, Werkausgabe, Bd. 2, hrsg. von Ernest Wichner, Hanser, München 2003 – „Minze, Minze flaumiran Schpektrum“, Werkausgabe, Bd. 3, hrsg. von Ernest Wichner, Hanser, München 2004 – „... sage, du habest es rauschen gehört“, Werkausgabe, Bd. 1, hrsg. von Ernest Wichner, Hanser, München 2006 Übersetzungen (Auswahl): – Urmuz: „Das gesamte Werk“, Text + Kritik, München 1976 – Velimir Chlebnikov: „Werke. Poesie Prosa Schriften Briefe“, hrsg. von Peter Urban, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1985 – „Gimpelschneise in die Winterreise. Texte von Wilhelm Müller“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil 1997 – Charles Baudelaire: „O du roher iasmin. 43 Intonationen zu ‚Harmonie du soir’ von Charles Baudelaire“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil 2002 – Velimir Chlebnikov: „Mein Chlebnikov“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil 2003 – Gertrude Stein: „Reread another. Nochmal den Text ein anderer. Quartier-Gestell, überdacht oder im Freien, meinetwegen eine Schule“, nachgesprochen von Oskar Pastior, Urs Engeler Editor, Basel/Weil 2004 – Gellu Naum: „Pohesie. Sämtliche Gedichte“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil 2006 Do, 24.8., 20 Uhr, Markgrafentheater und Fr, 25.8., 17 Uhr, Markgrafentheater Bühnenhaus |
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